[ENGLISCH TEST] Führung elektronischer Nebenakten nach Inkrafttreten der NotAktVV
Am 29. Oktober 2020 ist die Verordnung über die Führung notarieller Akten und Verzeichnisse (NotAktVV) in Teilen am Tag nach ihrer Verkündung im Bundesgesetzblatt (BGBl. I, 2246) in Kraft getreten. Der Großteil der Vorschriften dieser Rechtsverordnung wird aber erst ab dem 1. Januar 2022 in Kraft treten und auch erst dann praktische Auswirkungen haben, da er die Führung von Akten und Verzeichnissen nach Inbetriebnahme des Elektronischen Urkundenarchivs betrifft.
Bereits in Kraft getreten sind im Wesentlichen aber die Vorschriften des 6. Abschnitts der Rechtsverordnung, die §§ 40 – 44 (mit Ausnahme des § 41 Abs. 4 u. 5), die die Führung notarieller Nebenakten betreffen.
Eine wesentliche Neuerung in diesem Zusammenhang ist, dass aufgrund von § 35 Abs. 2 Satz 1 BNotO in den Grenzen der §§ 43 und 44 NotAktVV nun auch die rein elektronische Führung notarieller Nebenakten zulässig ist. Anders als nach überwiegender Auffassung von § 22 Abs. 1 der Dienstordnung bislang vorgegeben, ist bei Einhaltung der entsprechenden Vorgaben nun also kein Ausdruck der Nebenakteninhalte mehr notwendig. § 43 Abs. 1 Satz 1 NotAktVV schreibt vor, dass rein elektronisch geführte Nebenakten durch einen Strukturdatensatz beschrieben sein müssen. § 43 Abs. 1 Satz 2 NotAktVV ermöglicht es der Bundesnotarkammer, Einzelheiten zu diesem Strukturdatensatz und zu den zu verwendenden Dateiformaten bekannt zu machen. Hintergrund dieser Vorschriften ist, dass bei der Führung rein elektronischer Nebenakten (genauso wie bei der papierförmigen Führung von Nebenakten) sichergestellt sein muss, dass in den Fällen, in denen es zu einem Wechsel der Zuständigkeit für die Verwahrung der Akten kommt (§ 51 Abs. 1 Satz 1 BNotO, etwa Erlöschen eines Amtes), die Akten für die nachfolgend zuständige Stelle (Amtsnachfolger, Amtsgericht und ab 1. Januar 2022 Notarkammer) verfügbar sind, ohne dass das komplette informationstechnische System übernommen werden muss.
Die Bundesnotarkammer hat mit der Bekanntmachung vom 3. November 2020 (DNotZ 2020, 881, Nebenakten-Datensatz-Bekanntmachung-2020) von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Sie hat dabei keine verbindlichen Vorgaben für die in elektronischen Nebenakten zulässigen Dateiformate bekannt gemacht, die über die Vorgaben in § 4 Abs. 1 NotAktVV hinausgehen (Ziff. 2 Nebenakten-Datensatz-Bekanntmachung-2020). Damit bleibt es bei diesen Vorgaben der Rechtsverordnung.
Als Orientierungshilfe hat die Bundesnotarkammer jedoch eine als Anlage diesem Rundschreiben beigefügte Liste erstellt, die Dateiformate enthält, die nach Auffassung der Bundesnotarkammer derzeit allgemein gebräuchlich im Sinne des § 4 Abs. 1 NotAktVV sind. Nach der Begründung des Entwurfs der NotAktVV (BR-Drs. 420/20, S. 33 f.) ist Maßstab für die allgemeine Gebräuchlichkeit insbesondere die Verbreitung und die Marktüblichkeit des Dateiformats sowie die Kompatibilität mit gängigen informationstechnischen Systemen. Wie aus § 4 Abs. 1 Satz 2 NotAktVV und der zugehörigen Passage in der Entwurfsbegründung ersichtlich ist, sind insbesondere Dateiformate, die nur mit teurer Spezialsoftware bearbeitet werden können, nicht allgemein gebräuchlich. Von diesen Grundlinien hat sich die Bundesnotarkammer bei der Erstellung der Liste leiten lassen.
Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es ist also insbesondere nicht ausgeschlossen, dass auch nicht auf der Liste vertretene Dateiformate allgemein gebräuchlich sind. Die Liste enthält lediglich diejenigen Formate, deren Auftreten im Zusammenhang mit der notariellen Amtstätigkeit und der Führung von Nebenakten nach Auffassung der Bundesnotarkammer wahrscheinlich ist. Die Liste bezieht sich jeweils auf die gebräuchlichen Varianten der dort mit den typischen Datei-Endungen bezeichneten Dateiformate.
Nach § 43 Abs. 2 NotAktVV muss es jederzeit möglich sein, eine elektronisch geführte Nebenakte in das Dateiformat zu überführen, das für Dokumente in der elektronischen Urkundensammlung vorgeschrieben ist. Nach § 35 Abs. 4 Satz 1 NotAktVV ist dieses Format eine für die Langzeitarchivierung geeignete Variante des PDF-Formats (also derzeit eine der PDF/A-Varianten). Die dazu nach § 35 Abs. 4 Satz 2 NotAktVV mögliche Bekanntmachung näherer Vorgaben wird die Bundesnotarkammer voraussichtlich erst in der zweiten Jahreshälfte 2021 nutzen. Die Möglichkeit zur Überführung in ein Repräsentat1 als PDF/A-Datei stellt sicher, dass eine elektronische Nebenakte jederzeit als Ausdruck oder als PDF/A-Datei den Aufsichtsbehörden vorgelegt werden kann (vgl. BR-Drs. 420/20, S. 63).
Die vorstehenden Anforderungen müssen von dem für die Aktenführung verwendeten Softwaresystem, konkret in den meisten Fällen also der eingesetzten Notariatssoftware, unterstützt werden, um praktisch eingehalten werden zu können. Die Bundesnotarkammer hat die für ihr Informationsangebot registrierten2 Softwarehersteller auf die neuen Möglichkeiten hingewiesen und diese zu einem Entwurfsstand des nun bekanntgemachten Datensatzes angehört. Es ist davon auszugehen, dass die Umsetzung in den ersten Produkten noch etwas Zeit in Anspruch nehmen wird. Da sich aus diesem Grund derzeit nach Kenntnis der Bundesnotarkammer noch keine entsprechenden Programme auf dem Markt befinden, ist praktisch derzeit eine (rein) elektronische Nebenaktenführung noch nicht möglich. Weiterhin zulässig bleibt es, die Nebenakten – wie unter der Geltung von § 22 Abs. 1 DONot verbindlich vorgeschrieben – papiergebunden zu führen und ihre Inhalte ergänzend als unverbindliches Hilfsmittel (nun im Sinne von § 35 Abs. 2 Satz 2 BNotO, früher § 6 Abs. 1 Hs. 2 DONot) zu verwenden.
Sobald Hersteller Systeme anbieten, die nach eigenem Bekunden die vorstehenden Anforderungen erfüllen, rät die Bundesnotarkammer nachdrücklich, sich vor einer tatsächlichen Umstellung auf die elektronische Aktenführung vom Hersteller des Softwareprodukts ausdrücklich zusichern und bescheinigen zu lassen, dass die vorstehenden Anforderungen (also insbesondere des § 43 NotAktVV und der Nebenakten-Datensatz-Bekanntmachung-2020) eingehalten werden. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Aufsichtsbehörden geeignete Nachweise verlangen. Die Bundesnotarkammer plant keine Zertifizierung oder andere Konformitätsprüfung derartiger Programme.
Zur Ergänzung sei noch darauf hingewiesen, dass nach § 35 Abs. 4 BNotO elektronische Akten und Verzeichnisse nur in der Geschäftsstelle oder im elektronischen Notaraktenspeicher geführt werden dürfen. Der elektronische Notaraktenspeicher steht derzeit noch nicht zur Verfügung. Er wird – jedenfalls in der ersten Ausprägung – ein reiner Speicherort für im Rahmen der notariellen Amtsführung anfallende Daten sein und kein System zur Bearbeitung und Organisation von Akten. Damit bleibt derzeit als Speicherort für elektronische Nebenakten nur die Geschäftsstelle. Nach Auffassung der Bundesnotarkammer bedeutet dies vor dem Hintergrund, dass der hinter § 35 Abs. 4 BNotO stehende Zweck insbesondere die Sicherstellung der Verfügbarkeit der elektronischen Akten ist (vgl. BT-Drs. 18/10607, S. 55), dass das rechtsverbindlich als elektronische Nebenakte geltende Exemplar, dass die Verfügbarkeit (auch für nachfolgende Verwahrstellen) sicherstellt, in der Geschäftsstelle gespeichert sein muss. Andere Speicherungen unterliegen als Hilfsmittel im Sinne des § 35 Abs. 2 Satz 2 BNotO nicht den spezifischen Einschränkungen des § 35 Abs. 4 BNotO. Dies ändert nichts an den sonstigen berufsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Bindungen.
1 Repräsentat ist die Wiedergabe des Akteninhalts in einem anderen, zur Weitergabe besonders geeigneten Format, vgl. etwa § 2 Abs. 3 S. 2 BBußAktFV.
2 Die Bundesnotarkammer betreibt unter softwarehersteller.bnotk.de ein spezielles Informationsangebot ausschließlich für Hersteller von Notarsoftware. Anfragen zu Registrierungen werden entgegengenommen unter: softwarehersteller(at)bnotk.de
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- Rundschreiben 08 2020 Anlage 9 KB