Symbolbild für Digitalisierung im Notariat: Geschäftsmann unterzeichnet auf Tablet, digitale Symbole als Grafiken eingeblendet
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Digitalisierung im Notariat: Wichtige Reformen aus Berlin

Die notarielle Praxis befindet sich in einer umfassenden Modernisierung. Mit zwei Gesetzesvorhaben aus Berlin werden entscheidende Weichen für die Digitalisierung gestellt: Die Einführung der elektronischen Präsenzbeurkundung ermöglicht es, zukünftig im herkömmlichen Präsenzverfahren in der Notarkanzlei originär elektronische Urkunden zu errichten. Durch das Projekt „Elektronischer Notar-Verwaltungs-Austausch“ (kurz „eNoVA“) wird der Vollzug notarieller Rechtsgeschäfte, insbesondere von Immobiliengeschäften, umfassend digitalisiert.

Beide Gesetzesvorhaben verfolgen das Ziel, Abläufe zu beschleunigen, Ressourcen zu schonen und die Arbeit aller Beteiligten spürbar zu erleichtern, ohne Abstriche bei der rechtlichen Sicherheit zu machen. Damit werden nicht nur notarielle Tätigkeiten moderner und effizienter, sondern zugleich ein bedeutender Beitrag zur digitalen Transformation von Justiz und Verwaltung geleistet.

Elektronische Präsenzbeurkundung

Am 16. Juli 2025 wurde der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer elektronischen Präsenzbeurkundung veröffentlicht. Hiernach können Urkunden in Zukunft originär elektronisch im Notarbüro errichtet werden, beispielsweise mithilfe eines Unterschriftenpads. Dadurch werden Medienbrüche vermieden, Ressourcen in den Notarkanzleien, bei den Gerichten sowie weiteren Urkundsstellen geschont und der Nachhaltigkeit Rechnung getragen.

Vorteile originär elektronischer Urkunden

Originär elektronische Urkunden sind unabdingbar, um den seit der Einführung des Elektronischen Urkundenarchivs notwendigen doppelten Medientransfer zu vermeiden. Derzeit wird die Urkunde in einem Textverarbeitungsprogramm vorbereitet und für die Beurkundung ausgedruckt. Häufig kommt es während der Beurkundung zu Änderungen. Nach deren Einarbeitung erfolgt regelmäßig ein erneuter Ausdruck der Urkunde. Nach der Beurkundung muss die Urkunde zur Verwahrung in der elektronischen Urkundensammlung und zur Verwendung im elektronischen Rechtsverkehr eingescannt werden. Gelegentlich wird noch ein zweiter Scan mit geringerer Dateigröße für die elektronische Nebenakte erstellt. Dieser mehrfache Medientransfer kann zukünftig vermieden werden. Darüber hinaus weisen originär elektronische Urkunden eine bessere Bildqualität bei geringerer Dateigröße als Scans auf und sind ohne Einschränkung maschinenlesbar und durchsuchbar.

Praktische Umsetzung

Im Ablauf des Beurkundungsverfahrens ändert sich durch die elektronische Präsenzbeurkundung insbesondere das Unterschreiben durch die Beteiligten und die Notarin bzw. den Notar. Nach dem Regierungsentwurf können die Beteiligten die Unterschrift eigenhändig auf einem für die elektronische Erfassung der Unterschrift geeigneten Hilfsmittel leisten, wie beispielsweise auf einem Unterschriftenpad. Die Notarin oder der Notar signiert die Urkunde anschließend qualifiziert elektronisch. Dieses Verfahren ist niedrigschwellig, was zu begrüßen ist. Der bewährte Akt der eigenhändigen Unterschrift als Ausdruck der Genehmigung der Niederschrift wird auf diese Weise funktionsäquivalent in die elektronische Welt übertragen. Die bildliche Wiedergabe der eigenhändigen Unterschriften der Beteiligten erhöht die Akzeptanz elektronischer Urkunden im Rechtsverkehr. Die qualifizierte elektronische Signatur der Notarin oder des Notars schützt zudem die Authentizität und Integrität der Urkunde. Durch das eIDAS-konforme Signaturzertifikat kann die Identität der Notarin oder des Notars jederzeit festgestellt werden. Zudem ist jede nachträgliche Änderung der elektronischen Urkunde nachweisbar. Die Bundesnotarkammer hat eine Beurkundungsanwendung entwickelt, welche ohne weitere Kosten für die Notarinnen und Notare zur Verfügung gestellt wird.

Anwendungsbereich

Im Gegensatz zu den notariellen Online-Verfahren erstreckt sich die Möglichkeit originär elektronischer Niederschriften im Präsenzverfahren auf alle Beurkundungsgegenstände mit Ausnahme von Verfügungen von Todes wegen. Zudem können vor der Notarin oder dem Notar vollzogene elektronische Unterschriften beglaubigt werden. Die Entscheidung, ob eine Urkunde in elektronischer oder papierener Form errichtet werden soll, liegt stets im Ermessen der Notarin oder des Notars. Neben den Notarinnen und Notaren ist es im Übrigen künftig auch den weiteren Urkundsstellen (Nachlassgerichte, Jugendämter, Betreuungsbehörden, Konsulate) möglich, Urkunden in elektronischer Form zu errichten.

Elektronischer Notar-Verwaltungs-Austausch (eNoVA)

Im Rahmen des Projekts „eNoVA“ wird der Vollzug notarieller Rechtsgeschäfte, insbesondere von Immobilientransaktionen, umfassend digitalisiert. Am 9. Juli 2025 wurde ein entsprechender Referentenentwurf eines Gesetzes zur Digitalisierung des Vollzugs von Immobilienverträgen, der gerichtlichen Genehmigungen von notariellen Rechtsgeschäften und der steuerlichen Anzeigen der Notare veröffentlicht. Hiernach werden zukünftig zahlreiche Anzeigen, Anträge und Genehmigungen verpflichtend digital und in strukturierter Form zwischen Notarkanzleien, Gerichten und Behörden übermittelt.

Digitale statt postalischer Abwicklung

Bislang erfolgt die Kommunikation zwischen Notarinnen und Notaren, Gerichten und Behörden häufig noch auf dem Postweg und ist durch zahlreiche Medienbrüche und mehrfache Datenerhebungen geprägt. Dies soll sich grundlegend ändern. Zukünftig soll der Austausch digital erfolgen – schneller, effizienter und bei gleichbleibend hoher Sicherheit. Durch die Umsetzung von eNoVA können perspektivisch millionenfache Postsendungen sowie mehrfache Datenerhebungen und Scanprozesse vermieden werden.

Die technische Kommunikation mit Gerichten und Verwaltungsbehörden erfolgt zukünftig über die EGVP-Infrastruktur (Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach). Als Vorbild für die Digitalisierung des notariellen Vollzugs dient der etablierte elektronische Rechtsverkehr mit den Handelsregistern und den Grundbuchämtern. Bereits seit Jahren kommunizieren Notarinnen und Notare mit den Gerichten in diesen Bereichen über die EGVP-Infrastruktur elektronisch in strukturierter Form. Über die EGVP-Infrastruktur können Dokumente sekundenschnell, Ende-zu-Ende-verschlüsselt versendet werden. Die Nutzung strukturierter Datensätze ermöglicht eine effiziente Weiterverarbeitung. Um eine sichere, digitale und strukturierte Kommunikation mit den nicht an die EGVP-Infrastruktur angeschlossenen Finanzbehörden zu ermöglichen, hat die Bundesnotarkammer ELSTER in die notarielle Fachanwendung integriert. Somit entstehen mit eNoVA digitale Datenstraßen zwischen Notarinnen und Notaren, Gerichten, Finanzbehörden und weiteren Verwaltungsstellen.

Praktische Umsetzung

Der Referentenentwurf sieht eine stufenweise Einführung der Digitalisierung vor. Den Notarkanzleien wird zur praktischen Umsetzung des digitalen Vollzugs das XNotar-Modul „eNoVA“ bereitgestellt. Bereits in der derzeitigen Ausbaustufe können Notarinnen und Notare seit März 2024 hierüber digitale Mitteilungen an Gutachterausschüsse zur Kaufpreissammlung übermitteln. Auf derselben Basis werden auch weitere Vollzugsschritte (insbesondere steuerliche Mitteilungspflichten, Vorkaufsrechtsanfragen und Genehmigungsanträge an Gerichte und Behörden) umfassend digitalisiert. eNoVA soll nicht nur Notarinnen und Notaren die Kommunikation mit staatlichen Stellen erleichtern, sondern auch diesen Stellen ermöglichen, form- und rechtskonform digital mit Notarinnen und Notaren zu kommunizieren. Ein Beispiel dafür ist die Erteilung gerichtlicher Genehmigungen (Familien-, Nachlass-, Betreuungs-, Landwirtschaftsgericht) und perspektivisch die elektronische Rücksendung der sogenannten Unbedenklichkeitsbescheinigung, die den Nachweis über die Zahlung der Grunderwerbssteuer erbringt.

Blick in die Zukunft: Ende-zu-Ende Digitalisierung im Notariat

Mit den Projekten „Elektronische Präsenzbeurkundung“ sowie „Elektronischer-Notar-Verwaltungs-Austausch“ wird die Basis für ein vollständig digitalisiertes Notariat geschaffen. Die durchgängige elektronische Errichtung und Abwicklung notarieller Urkunden und Rechtsgeschäfte vermeidet Medienbrüche, steigert die Effizienz und schont Ressourcen. Damit entsteht ein modernes Notariat, das die Chancen der Digitalisierung nicht nur ausschöpft, sondern eine Vorreiterrolle in der digitalen Transformation von Justiz und Verwaltung einnimmt. 

Dr. Marlene Tannous, Referentin Bundesnotarkammer Büro Berlin

Über die Autorin

Dr. Marlene Tannous ist Notarassessorin im Bezirk der Notarkammer Bayern und als Referentin im Berliner Büro der Bundesnotarkammer tätig.

Dr. Cornelius Kniepert Referent Bundesnotarkammer Büro Berlin

Über den Autor

Dr. Cornelius Kniepert ist Notarassessor im Bezirk der Notarkammer Thüringen und als Referent im Berliner Büro der Bundesnotarkammer tätig.

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