Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung
Zusammenfassung:
Der vorliegende Referentenentwurf enthält umfassende gesetzgeberische Anpassungen des Baugesetzbuchs (BauGB) und weiterer Regelungen des öffentlichen Baurechts. Die Stellungnahme der Bundesnotarkammer beschränkt sich auf einzelne darin enthaltene Regelungen, aus denen sich Auswirkungen auf die notarielle Praxis ergeben.
Die Umgehung des gemeindlichen Vorkaufsrechts zu verhindern, ist aus gesetzgeberischer Sicht grundsätzlich zu begrüßen. Die in § 24 Abs. 2 sowie Abs. 2a BauGB-E vorgesehenen Anpassungen enthalten jedoch noch erheblichen Anpassungsbedarf, was die Anwendbarkeit und die Durchführung der geplanten gemeindlichen Rechte betrifft. Insbesondere das in § 24 Abs. 2a BauGB-E vorgesehene gemeindliche Ankaufsrecht bei Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft wirft erhebliche Folgefragen auf, die bislang im Entwurf nicht hinreichend adressiert werden. Es steht zu befürchten, dass die Regelung in ihrer jetzigen Form zu erheblichen Verzögerungen und Erschwernissen im Grundstücks- und Gesellschaftsverkehr führen wird (A.).
Der mit der Regelung des § 250 BauGB verfolgte Zweck, ein ausreichendes Angebot an bezahlbaren Mietwohnungen zu erhalten, ist ebenfalls nachvollziehbar. Die Verlängerung des Geltungszeitraums von § 250 Abs. 1 Satz 3 BauGB sollte zum Anlass genommen werden, die in der notariellen und registergerichtlichen Praxis bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich der Anwendung des und der Ausnahmen vom Genehmigungstatbestand des § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu beseitigen (B.).
Im Einzelnen:
A. Vorschläge betreffend das kommunale Vorkaufsrecht
I. § 24 Abs. 2 BauGB-E
§ 24 Abs. 2 BauGB in seiner derzeitigen Fassung nimmt Rechte nach dem Wohnungseigentumsgesetz und Erbbaurechte vom Anwendungsbereich des kommunalen Vorkaufsrechts aus. Der Referentenentwurf sieht nun vor, dass beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz ausnahmsweise ein kommunales Vorkaufsrecht bestehen kann, wenn durch den Kauf „sämtliche auf einem Grundstück liegende Wohnungseigentumsrechte in einer Person vereinigt“ werden.
Ausweislich der Entwurfsbegründung[1] sowie des dort referenzierten Endberichts der Expertengespräche[2] soll das gemeindliche Vorkaufsrecht durch § 24 Abs. 2 BauGB-E auf die Fälle erweitert werden, in denen innerhalb einer Transaktion sämtliche auf einem Grundstück liegenden Eigentumseinheiten veräußert werden. Da dies wirtschaftlich dem Verkauf eines Grundstücks entspricht, solle in diesen Fällen eine Umgehung der Ausübung des kommunalen Vorkaufsrechts durch die Begründung von Wohnungseigentum verhindert werden. Eine solche Erweiterung des Anwendungsbereichs des kommunalen Vorkaufsrechts wäre auch bei der Abwicklung von Immobilienkaufverträgen handhabbar. Lediglich dann, wenn sämtliche Einheiten eines nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteilten Grundstücks verkauft werden, müsste ein Negativzeugnis eingeholt werden.
Unter den aktuell vorgesehenen Wortlaut des § 24 Abs. 2 BauGB-E ließen sich allerdings auch Kaufverträge über einzelne Wohnungs- und Teileigentumseinheiten subsumieren. Dies hätte erhebliche Unsicherheiten für den Grundstücksverkehr zur Folge und widerspricht dem in der Entwurfsbegründung eindeutig zum Ausdruck kommenden Regelungswillen[3], wonach der Gemeinde in Bezug auf einzelne Eigentumseinheiten auch weiterhin kein Vorkaufsrecht zustehen soll.
Indem § 24 Abs. 2 BauGB-E sprachlich daran anknüpft, dass sämtliche auf einem Grundstück liegende Wohnungseigentumsrechte in einer Person vereinigt werden, könnten hierunter bspw. auch Fälle gefasst werden, in denen einzelne Einheiten an eine Person verkauft werden, die bereits Eigentümerin aller übrigen Einheiten auf dem Grundstück ist. Der Wortlaut könnte sogar dahingehend missverstanden werden, dass Fälle erfasst sein sollen, in denen einzelne Einheiten an eine Person verkauft werden, die auch mit den Eigentümerinnen und Eigentümern der übrigen Einheiten bereits weitere Kaufverträge abgeschlossen hat.
Nach der eindeutig in der Entwurfsbegründung zum Ausdruck kommenden Intention des Gesetzgebers sollen diese Fälle zu Recht nicht vom gemeindlichen Vorkaufsrecht erfasst werden. Denn für die Eigentümerinnen und Eigentümer bestünden in diesen Fällen erhebliche Rechtsunsicherheiten. Der Grundstücksverkehr mit Wohnungs- und Teileigentum würde erheblich verlangsamt. So wäre bereits fraglich, ob das Vorkaufsrecht dann nur bezüglich der (zuletzt) verkauften Einheit besteht. Weder für die Gemeinden noch für die Verkäuferinnen und Verkäufer ist überprüfbar, ob die Käuferin bzw. der Käufer bereits Kaufverträge über die verbleibenden Einheiten geschlossen hat und ob der Vollzug ihres Kaufvertrag sodann dazu führen würde, dass sich „sämtliche auf einem Grundstück liegende Wohnungseigentumsrechte in einer Person vereinigen.“ Da selbst die Einsichtnahme in sämtliche Wohnungsgrundbuchblätter hierüber keinen Aufschluss geben kann, müsste in der notariellen Praxis ggf. für jeden Verkauf von Wohnungs- und Teileigentum ein Negativzeugnis eingeholt werden. Dies hätte nicht nur einen erheblichen bürokratischen Mehraufwand für die Grundbuchämter, die Notarstellen und die Verwaltung zur Folge, sondern auch wirtschaftliche Nachteile für die Kaufvertragsparteien (bspw. Zinseinbußen, Bereitstellungszinsen).
Da der Wille, mit § 24 Abs. 2 BauGB-E lediglich den „Paketverkauf“ zu erfassen, bei dem sämtliche Wohnungs- und Teileigentumseinheiten an einem Grundstück in einer Transaktion an eine Person verkauft werden, in der vorliegenden Entwurfsbegründung eindeutig zum Ausdruck kommt, müsste sich die Anwendungspraxis ggf. mit einer engen Auslegung des Wortlauts behelfen. Um Rechtsunsicherheiten gar nicht erst entstehen zu lassen und einen reibungslosen Vollzug der nicht erfassten Anwendungsfälle zu gewährleisten, sollte aber der Wortlaut des § 24 Abs. 2 BauGB-E an die intendierte Regelung angepasst werden.
II. § 24 Abs. 2a BauGB-E
De lege lata kommt ein kommunales Vorkaufsrecht nur bei Kaufverträgen über Grundstücke in Frage.[4] Das Vorkaufsrecht besteht daher insbesondere nicht im Fall einer (gemischten) Schenkung, eines (Ring-)Tauschs, der Bestellung eines Erbbaurechts, eines Erbbauauseinandersetzungsvertrags, eines Erbteilverkaufs, der Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft, einer Übertragung von Anteilen einer Gesellschaft oder einer Veräußerung im Wege der Zwangsversteigerung oder aus der Insolvenzmasse.[5] Der Referentenentwurf sieht nun vor, dass dem Kauf von Grundstücken die Verpflichtung gleichsteht, ein Grundstück in eine Gesellschaft einzubringen.
Auch hier lässt der Wortlaut von § 24 Abs. 2a BauGB-E offen, welche Fallkonstellationen überhaupt erfasst sein sollen (1.). In der Sache dürfte der Referentenentwurf die Einführung eines kommunalen Ankaufsrechts im Blick haben. Dies stellt ein Novum in dem bisherigen Konzept gemeindlicher Vorkaufsrechte dar. Für wesentliche hieraus folgende Fragen zur verhältnismäßigen Anwendung und Vollzug des Ankaufsrechts enthalten weder die bestehenden §§ 24–28 BauGB noch der vorliegende Referentenentwurf die erforderlichen rechtlichen Vorgaben. Insbesondere fehlen gesetzgeberischen Regelungen zu der von der Gemeinde zu leistenden Gegenleistung (2.a). Ohne entsprechende, detaillierte Verfahrensvorgaben steht zu befürchten, dass die geplante Regelung erhebliche negative Auswirkungen auf den Grundstücks- und Gesellschaftsverkehr haben wird (2.b).
Wir regen daher an, § 24 Abs. 2a BauGB-E in dieser Form zu streichen. In jedem Fall sollte die insoweit noch fehlende gesetzgeberische Auseinandersetzung mit zentralen Verfahrensfragen vor Inkrafttreten des Gesetzes noch erfolgen.
1. Erfasste Fallkonstellationen
Mit Blick auf die Eingriffsintensität der Regelung und um im Grundstücksverkehr einen möglichst zügigen Vollzug zu ermöglichen, muss der Anwendungsbereich von Vorkaufsrechten möglichst trennscharf definiert sein. Der Begriff der „Einbringung“ wird bislang vor allem im steuerrechtlichen Kontext verwendet und erfasst Vorgängen in denen ein Vermögensgegenstand gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an eine Gesellschaft übertragen wird.[6]
Wenn § 24 Abs. 2a BauGB-E daran anknüpft, dass sich eine Person verpflichtet, ein Grundstück in eine Gesellschaft „einzubringen“, ist also vermutlich die Verpflichtung gemeint, ein Grundstück gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an eine Gesellschaft zu übertragen. Dies sollte sich aber idealerweise bereits aus dem Gesetz oder wenigstens aus der Begründung ergeben. Mit entsprechender Klarstellung wäre auch sichergestellt, dass § 24 Abs. 2a BauGB in den Fällen nicht einschlägig ist, in denen ein Gesellschafter ein Grundstück schenkweise, also ohne dass ihm dafür neue Gesellschaftsrechte eingeräumt werden, in die Gesellschaft „einbringt“. Solche Fälle ergeben sich in der notariellen Praxis bei vermögensverwaltenden Familienpoolgesellschaften. Wenn Eltern ihren Kindern Miteigentumsanteile an einem Grundstück schenken, kommt ein kommunales Vorkaufsrecht in Ermangelung eines Kaufvertrags von vorneherein nicht in Betracht. Wertungsmäßig muss das Gleiche gelten, wenn Eltern ein Grundstück an die vermögensverwaltende Familienpoolgesellschaft (bestehend aus Eltern und Kindern) übertragen.
2. Fehlende Bestimmung des Ankaufspreis
Da § 24 Abs. 2a BauGB-E auf Vorgänge abstellt, in denen die Gegenleistung nicht in der Zahlung eines Geldbetrags, sondern in der Gewährung von Gesellschaftsanteilen besteht, bleibt offen, wie die Gegenleistung bestimmt wird, die die Gemeinde im Fall der Ausübung des kommunalen „Vorkaufsrechts“ zu leisten hat. Dies hat nicht nur erhebliche Unsicherheiten für die Eigentümerinnen und Eigentümer zur Folge, sondern kann aufgrund lang andauernder Verkehrswertbestimmungen den Grundstücks- und Gesellschaftsverkehr deutlich verlangsamen.
a) Fehlende Auseinandersetzung mit der von der Gemeinde zu erbringenden Gegenleistung
Im Ergebnis dürfte der Referentenentwurf ein kommunales Ankaufsrecht im Blick haben. Die §§ 24 ff. BauGB stellen bislang lediglich auf Vorkaufsrechte ab, bei denen mit der Gemeinde ein inhaltsgleicher Kaufvertrag zustande kommt (§ 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB, § 464 Abs. 2 BGB), die Gemeinde also den vereinbarten Kaufpreis zu leisten hat. Regelungen zur Bestimmung eines Ankaufspreises sind weder im bestehenden Gesetz noch in dem Referentenentwurf enthalten. In Ermangelung einer von Dritten erbringbaren Gegenleistung läge es nahe, dass die Gemeinde dem Eigentümer im Falle der Ausübung des Ankaufsrechts jedenfalls den Verkehrswert erstatten muss. Auf diesen stellt § 28 Abs. 3 Satz 1 BauGB ab, der dem Wortlaut nach in Fällen des § 24 Abs. 2a BauGB-E aber nicht einschlägig ist. Der Verkehrswert des Grundstücks nach § 194 BauGB ist gemäß § 28 Abs. 3 Satz 1 BauGB nur dann zu leisten, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. Im Fall einer „Einbringung“ gibt es schon keinen „Kaufpreis“. Die im Gegenzug für die Übertragung des Grundstücks auf die Gesellschaft zu gewährenden Gesellschaftsrechte lassen sich schwer beziffern; ihr Wert wird den Verkehrswert des Grundstücks jedenfalls nicht notwendig übersteigen. Damit die Gemeinde in den von § 24 Abs. 2a BauGB-E erfassten Fällen über die Ausübung des Ankaufsrechts entscheiden kann, müsste in jedem Fall zunächst der Verkehrswert in einem zeitaufwändigen und klageanfälligen Verfahren ermittelt werden.
b) Erhebliche Verzögerung von Grundstücks- und Gesellschaftsverkehr
Die vorgesehen Regelung des § 24 Abs. 2a BauGB hätte damit erhebliche negative praktische Auswirkungen auf den Vollzug von Vorgängen, die § 24 Abs. 2a BauGB-E unterfallen. In all diesen Fällen könnte der grundbuchamtliche und damit zusammenhängende gesellschaftsrechtliche Vollzug gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB-E erst nach Erteilung eines Negativattests[7] durch die Gemeinde über das Nichtbestehen oder die Nichtausübung des Ankaufsrechts erfolgen.
Demnach müsste die Gemeinde künftig bei allen „Einbringungsvorgängen“ im ersten Schritt prüfen, ob ein Ankaufsrecht besteht, d.h. ob hinsichtlich des „eingebrachten“ Grundstücks einer der Tatbestände der §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 BauGB erfüllt ist. Bereits hierfür wird bei Kaufverträgen vielfach die gesetzliche Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB von drei Monaten benötigt. Wenn die Gemeinde zu dem Ergebnis kommt, dass ein Ankaufsrecht besteht, muss sie im zweiten Schritt über dessen Ausübung entscheiden. Dafür benötigt die Gemeinde Gewissheit über die in diesem Fall von ihr zu leistende Gegenleistung. Für die Ermittlung des maßgeblichen Verkehrswerts müsste in der Regel wohl auf ein Wertgutachten zurückgegriffen werden. Pauschalierende Bewertungsmethoden, wie sie im Steuerrecht Anwendung finden, dürften mit der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren sein.
Entsprechende Wertgutachten sind kosten- und zeitaufwändig. Wenn die Gemeinde zu dem Ergebnis kommt, dass ein Ankaufsrecht besteht, dürften damit weitere Monate vergehen, bis das Verkehrswertfeststellungsverfahren abgeschlossen ist und über die Ausübung des Ankaufsrechts entschieden werden kann. Der grundbuchamtliche und damit zusammenhängende gesellschaftsrechtliche Vollzug von „Einbringungsvorgängen“ wäre in der Zwischenzeit gelähmt – mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen für die beteiligten Gesellschafter und Gesellschaften.
§ 24 Abs. 2a BauGB-E wäre auch ein potentielles Gründungshemmnis. Wenn ein Gesellschafter sich im Rahmen der Gründung verpflichtet, anstelle von Geld ein bestimmtes Grundstück in die Gesellschaft einzubringen, wäre der Tatbestand des § 24 Abs. 2a BauGB dem Wortlaut nach erfüllt. Die Gesellschaft könnte aber erst in Vollzug gesetzt werden, nachdem Bestehen und Ausübung des kommunalen Ankaufsrechts abgeklärt wären.
Es steht außerdem zu erwarten, dass im Falle einer Ausübung des Ankaufsrechts nicht nur die Ausübung selbst, sondern insbesondere auch die Bestimmung des Verkehrswerts gerichtlich angegriffen würde, was weitere (gerichtliche und außergerichtliche) Kosten verursachen und zu zeitlichen Verzögerungen führen würde.
c) Gesetzliches Rücktrittsrecht entsprechend § 28 Abs. 3 Satz 2 BauGB
Wenn die Gemeinde durch § 24 Abs. 2a BauGB-E das Recht erhält, ein Grundstück zum Verkehrswert anzukaufen, müsste entsprechend § 28 Abs. 3 Satz 2 BauGB zum Schutz der verfassungsrechtlich gewährleisteten Privatautonomie der Eigentümerin bzw. des Eigentümers ggf. ein Rücktrittsrecht vorgesehen werden. Das ohnehin aufwändige und schwerfällige Ankaufsrecht könnte im Ergebnis also ohnehin leerlaufen.
d) Fazit
Ob das an sich nachvollziehbare Ziel, die Umgehung des gemeindlichen Vorkaufsrechts durch Share Deals zu verhindern, die mit § 24 Abs. 2a BauGB-E verbundenen wirtschaftlichen Nachteile für Gesellschafter und Gesellschaften sowie den zeitlichen und finanziellen Mehraufwand für die Verwaltung rechtfertigt, erscheint zweifelhaft.
Angesichts der Vielzahl ungeklärter rechtlicher und rechtspraktischer Folgefragen regen wir an, § 24 Abs. 2a BauGB-E in dieser Form zu streichen. In jedem Fall erfordert die Einführung eines Ankaufsrechts in § 24 Abs. 2a BauGB-E eine umfassende gesetzgeberische Auseinandersetzung mit der von der Gemeinde zu leistenden Gegenleistung und den sonstigen Modalitäten des Vollzugs des Ankaufsrechts. Eine solche ist im bisherigen Referentenentwurf noch nicht hinreichend enthalten.
3. Weiterer Anpassungsbedarf
Auch an weiteren Stellen zeigt sich, dass sich das in § 24 Abs. 2a BauGB-E vorgesehene gemeindliche Ankaufsrecht nicht ohne weitere Anpassungen in das Regelungssystem der §§ 24 ff. BauGB einfügen kann. Neben einer Vielzahl sprachlicher Änderungen an Stellen, an denen derzeit vom „Vorkaufsrecht“, „Verkäufer“, „Käufer“, „Kaufvertrag“ oder „Kauf“ die Rede ist, müssten auch umfangreiche inhaltliche Anpassungen vorgenommen werden, die der Referentenentwurf bislang vermissen lässt.
So müsste das sog. „Verwandtenprivileg“[8] in § 26 Nr. 1 BauGB entsprechend angepasst werden. Dieses sieht vor, dass ein kommunales Vorkaufsrecht beim Verkauf von Grundstücken an die dort genannten Angehörigen nicht in Frage kommt. Das Gesetz trägt damit dem Umstand Rechnung, dass Verkäufe innerhalb dieses Personenkreises häufig aufgrund besonderer, in der persönlichen Beziehung begründeter Umstände zustande kommen und insb. der Erhaltung des Familiengrundbesitzes dienen, sodass ein Vorkaufsrecht unangemessen wäre.[9] Nichts anderes darf gelten, wenn ein Grundstück in eine Gesellschaft „eingebracht“ wird, die aus dem Veräußerer und den in § 26 Nr. 1 BauGB genannten Personen besteht. Die „Einbringung“ von Grundstücken in vermögensverwaltende Familienpoolgesellschaften dient zuvorderst dem Erhalt des Familiengrundbesitzes, sodass ein kommunales Ankaufsrecht in diesen Fällen genauso unangemessen wäre. Eine entsprechende Anpassung des Ausnahmetatbestands in § 26 Nr. 1 BauGB erscheint daher wertungsmäßig geboten.
Auch der Fall, dass eine Person ihr Grundeigentum in eine Gesellschaft einbringt, die wiederum nur dieser Person gehört, muss entsprechend § 26 Nr. 1 BauGB vom Anwendungsbereich etwaiger Ankaufsrechte ausgenommen werden. In diesen Fällen liegt lediglich eine Vermögensumschichtung vor. Die Eigentümerin bzw. der Eigentümer trifft gerade nicht die Entscheidung, das Eigentum auch wirtschaftlich zu veräußern. In diesen Fällen dürfte eine Ausnahme von dem in § 24 Abs. 2a BauGB vorgesehenen Ankaufsrecht bereits verfassungsrechtlich impliziert sein.
Auch hinsichtlich § 27 BauGB besteht gesetzgeberischer Anpassungsbedarf: Die Regelung gibt dem Käufer das Recht, die Ausübung des kommunalen Vorkaufsrechtes abzuwenden, indem er den mit dem Vorkaufsrecht verfolgten Zweck selbst verwirklicht.[10] In diesem Fall ist das Vorkaufsrecht zwar nicht ausgeschlossen, seine Ausübung ist jedoch zum Wohl der Allgemeinheit nicht mehr erforderlich.[11] Wenn ein Grundstücke in eine Gesellschaft „eingebracht“ wird, müsste die Gesellschaft unter den in § 27 BauGB genannten Voraussetzungen ebenfalls die Möglichkeit haben, das kommunale Ankaufsrecht abzuwenden. Da § 27 BauGB derzeit aber nur von der Abwendung des „Vorkaufsrechts“ durch den „Käufer“ spricht, sollte zur Klarstellung eine entsprechende Anpassung erfolgen. Bei dieser werden auch mögliche gesellschaftsrechtliche Folgeimplikationen, etwa mit Blick auf die Einhaltung des Unternehmensgegenstands, der Wahrung der Mitgesellschafterrechte sowie der Geschäftsführungsbefugnis mit zu berücksichtigen sein.
B. Vorschläge betreffend den Umwandlungsschutz
Der Entwurf sieht außerdem vor, dass die Regelung zum Umwandlungsschutz in § 250 BauGB um zwei Jahre verlängert wird. § 250 BauGB ermöglicht es den Landesregierungen, in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt per Rechtsverordnung zu bestimmen, dass die Begründung oder Unterteilung von Wohnungs- und Teileigentum, die Begründung von Wohnungserbbaurechten und Dauerwohnrechten und die Eintragung von bestimmten Miteigentümervereinbarungen nach § 1010 BGB bei bestehenden Wohngebäuden einer Genehmigung bedarf.
Die Regelung bereitet in der Praxis zum Teil erhebliche Schwierigkeiten, die den Vollzug von Grundstücksgeschäften unnötig erschweren. Hierauf wurde in den Stellungnahmen zum Baulandmobilisierungsgesetz 2020 sowie seither in der notariellen und registergerichtlichen Literatur verschiedentlich hingewiesen. So enthält § 250 BauGB eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe, die Rechtsunsicherheit bei den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern schaffen. Es ist bereits unklar, was unter Wohngebäuden, die bereits am Tag des Inkrafttretens der Rechtsverordnung (…) bestanden, zu verstehen ist.[12] Der Tatbestand des Genehmigungserfordernisses ist denkbar weit gefasst (§ 250 Abs. 1, Abs. 6 BauGB). Aufgrund unklarer Tatbestandsvoraussetzungen wird in der Praxis zum Teil das Vorlegen eines Negativzeugnisses verlangt, auch wenn – bspw. aufgrund der unterschrittenen Anzahl der Wohnungseigentums-einheiten – sich die Nicht-Anwendbarkeit des § 250 BauGB bereits aus den Eintragungsunterlagen ergibt. Die Fallkonstellationen, in denen ein Anspruch auf Genehmigung besteht (§ 250 Abs. 3 BauGB), sind dagegen zu eng und teils praxisfern ausgestaltet (§ 250 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB).[13] Derzeit erfasst die Regelung daher eine Vielzahl von alltäglichen Vorgängen, die keinen notwendigen Bezug zur Verringerung von bezahlbarem Wohnraum haben.
Vor diesem Hintergrund sollte der vorliegende Gesetzentwurf zum Anlass genommen werden, die bisherige Regelung des § 250 BauGB zu evaluieren und die in der Praxisliteratur geäußerten Schwierigkeiten zu beheben. Hierdurch könnte der Vollzug von Grundstücksgeschäften vereinfacht und beschleunigt werden.
[1] S. 56 des Referentenentwurfs: „Einbeziehung des Verkaufs von in Wohnungseigentum geteilten Gebäuden als Ganzes“; S. 86 des Referentenentwurfs: „Der Vorschlag berücksichtigt, dass der Verkauf von allen auf einem Grundstück liegenden Eigentumseinheiten in einer Transaktion an einen Käufer wirtschaftlich dem Verkauf eines Grundstücks entspricht.“
[2] S. 60 des Endberichts der Fachexperten-Gespräche 2023 zur Modernisierung des Städtebaurechts: „Hingewiesen wurde auch auf eine Entscheidung des OVG Hamburg, der zufolge das Vorkaufsrecht bei einem nach WEG aufgeteilten Wohngebäude ausgeschlossen sei, auch wenn das Gebäude insgesamt verkauft werde. Mit Blick auf die Zweckrichtung der Vorkaufsrechte sei dies kontraproduktiv.“
[3] S. 86: „Unverändert bleibt es darüber hinaus dabei, dass der Gemeinde im Übrigen in Bezug auf einzelne Eigentumswohnungen und beim Verkauf von Erbbaurechten kein Vorkaufsrecht zusteht.“
[4] Vgl. Battis/Krautzberger/Löhr/Reidt, 15. Aufl. 2022, BauGB § 24 Rn. 16.
[5] Vgl. Battis/Krautzberger/Löhr/Reidt, 15. Aufl. 2022, BauGB § 24 Rn. 16.
[6] Vgl. Schmitt/Hörtnagl/Schmitt, 10. Aufl. 2024, UmwStG § 24 Rn. 33.
[7] Dieses Negativattest müssten Notarinnen und Notare für die Beteiligten einholen. Anders als in der Entwurfsbegründung (S. 50) ausgeführt kann dies Mehrkosten für die Beteiligten auslösen (vgl. Fn. 1). Anders als in der Entwurfsbegründung (S. 53) ausgeführt ist der damit verbundene Mehraufwand für Notarbüros nicht unerheblich (im Schnitt wohl ca. zehn Minuten pro Vorgang, vgl. Fn. 2).
[8] Battis/Krautzberger/Löhr/Reidt, 15. Aufl. 2022, BauGB § 26 Rn. 2.
[9] Battis/Krautzberger/Löhr/Reidt, 15. Aufl. 2022, BauGB § 26 Rn. 2.
[10] BeckOK BauGB/Grziwotz, 62. Ed. 1.5.2024, BauGB § 27 Rn. 1.
[11] BeckOK BauGB/Grziwotz, 62. Ed. 1.5.2024, BauGB § 27 Rn. 1.
[12] Vgl. DNotI-Report 15/2021, S. 115 f.
[13] Vgl. Stellungnahme der Bundesnotarkammer zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Mobilisierung von Bauland vom 3. Juli 2020, S. 4 bis 8.
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