Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) – Auswirkungen auf den Umgang mit Grundschulden in der notariellen Praxis (zuletzt Rundschreiben Nr. 7/2008)
Mit Rundschreiben Nr. 7/2008 hatten wir Sie darüber informiert, dass im politischen Raum verschiedene Lösungen diskutiert wurden, um die im Zusammenhang mit dem Verkauf von Immobiliardarlehen bei vielen Grundstückseigentümern entstandene Beunruhigung beizulegen und jene vor ungerechtfertigten Vollstreckungsmaßnahmen zu schützen.
Dies hat Eingang gefunden in das Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz – BR-Drs. 449/08), dem der Bundesrat noch vor der Sommerpause zugestimmt hat.
Ergänzt wird hierdurch u. a. § 1193 Abs. 2 BGB. Danach sind von § 1193 Abs. 1 BGB abweichende Bestimmungen für eine zur Sicherung von Geldforderungen dienende Grundschuld künftig ausgeschlossen. Die Grundschuld wird also zwingend erst nach vorheriger Kündigung mit einer Frist von sechs Monaten fällig. Eine sofortige Fälligstellung der Grundschuld ist in Zukunft unzulässig. Ebenfalls ergänzt wird § 769 Abs. 1 ZPO, der die Einstellung der Zwangsvollstreckung durch einstweilige Anordnung künftig unter erleichterten Voraussetzungen ermöglicht. Schließlich führt § 799a ZPO in Anlehnung an § 717 Abs. 2 ZPO bei Vollstreckung aus Urkunden durch einen anderen als den in der Urkunde bezeichneten Gläubiger eine verschuldensunabhängige Schadensersatzpflicht ein.
Das Gesetz wurde am 18.08.2008 im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl. I, S. 1666). Die genannten Ergänzungen sind am Tag nach dieser Verkündung in Kraft getreten. § 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB ist dabei nur auf Grundschulden anzuwenden, die hiernach bestellt werden, Art. 229 § 18 Abs. 3 EGBGB.
Da uns vermehrt Anfragen erreichen, wie sich insbesondere § 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB auf die notarielle Praxis der Grundschuldbestellung auswirkt, möchten wir nachfolgend eine erste Einschätzung abgeben. Diskussionsbedürftig sind für uns dabei vor allem die Behandlung eines flankierenden Schuldversprechens/Schuld-anerkenntnisses sowie die Vollstreckungsunterwerfung einschließlich der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung.
I.
Auszugehen ist zunächst davon, dass in der überwiegenden Zahl von Grundschuldbestellungen künftig auf eine Vereinbarung zur Fälligkeit des Grundschuldkapitals in der Bestellungsurkunde verzichtet werden muss. Vielmehr bedarf es hierfür nun einer Kündigung mit einer Frist von sechs Monaten. Enthält ein zu beurkundendes Formular über die Bestellung einer Grundschuld gleichwohl unverändert eine Regelung zur Fälligkeit, dürfte die fehlende Anpassung dem kurzfristigen Inkrafttreten des Gesetzes geschuldet sein. Eine solche Regelung wäre in Absprache mit dem betroffenen Kreditinstitut zugunsten der gesetzlichen Regelung zu streichen.
Anderes gilt nur dann, wenn die Grundschuld nicht zur Sicherung einer Geldforderung dient. Da § 1193 Abs. 1 Satz 1 ausdrücklich das Kapital der Grundschuld anspricht, gehen wir zudem davon aus, dass über die Fälligkeit von Grundschuldzinsen weiterhin Vereinbarungen zulässig sind (hierzu etwa allgemein zum bisherigen Recht Staudinger/Wolfsteiner, BGB (2002), § 1193 Rn. 5).
§ 1193 BGB regelt die ordentliche Kündigung, um das dingliche Recht (im Wege der Zwangsvollstreckung, §§ 1192, 1147 BGB) in Anspruch zu nehmen. Eines Grundes für den wirksamen Ausspruch dieser ordentlichen Kündigung bedarf es aus unserer Sicht nicht. Insbesondere ist die Notwendigkeit einer Kündigung des dinglichen Rechts von der Kündigung der gesicherten Forderung zu unterscheiden, für die u. U. zusätzliche Voraussetzungen (etwa nach §§ 489, 498 BGB) zu beachten sind. Ebenfalls nicht die abstrakte Ebene des dinglichen Rechts und damit die Kündigung der Grundschuld betrifft die Frage, ob der (schuldrechtliche) Sicherungsvertrag einer Inanspruchnahme aus der Grundschuld entgegensteht (siehe hierzu künftig auch § 1192 Abs. 1a BGB).
II.
Die Fälligkeit eines flankierend erteilten Schuldversprechens (§ 780 BGB) oder Schuldanerkenntnisses (§ 781 BGB) beurteilt sich aus unserer Sicht auch in Zukunft unabhängig von § 1193 BGB nach allgemeinem Schuldrecht. Eine Bestimmung der Parteien über die Leistungszeit bildet demnach den Grundsatz; subsidiär ist auf § 271 BGB zurückzugreifen. Für die fortbestehende Zulässigkeit einer sofortigen Fälligkeit des Schuldversprechens spricht aus unserer Sicht nicht zuletzt, dass der Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren diskutierte Vorschläge zu einer der Regelung bei der Grundschuld entsprechenden Ergänzung der §§ 780 ff. BGB nicht aufgegriffen hat.
III.
Nicht berührt wird durch das Risikobegrenzungsgesetz auch die Möglichkeit, sich in einer notariellen Urkunde wegen des Anspruchs aus der Grundschuld und dem Schuldversprechen/Schuldanerkenntnis der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Allerdings wird die Zulässigkeit einer solchen Gestaltung unabhängig von den gesetzlichen Maßnahmen in jüngster Zeit aufgrund des verstärkten Handels mit Immobiliarkrediten in Frage gestellt (etwa Schimansky, WM 2008, 1049; ihm folgend LG Hamburg, ZfIR 2008, 543 m. Anm. Clemente). Angenommen wird dabei ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB, wenn die Inanspruchnahme aus der vollstreckbaren Urkunde nicht auf den ursprünglichen, vom Schuldner selbst gewählten Gläubiger beschränkt wird. Dass der Schuldner zur Abwehr der Zwangsvollstreckung in die Klägerrolle (einer Vollstreckungsgegenklage) gedrängt werde, „summiere“ sich mit der Abtretbarkeit der Rechte aus der vollstreckbaren Urkunde zu einer unangemessenen Benachteiligung.
Dem ist aus unserer Sicht Folgendes entgegen zu halten:
1. Wie schon in unserem Rundschreiben Nr. 36/2007 dargelegt, erkennt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung das schutzwürdige Interesse der Kreditwirtschaft an, Darlehen durch eine Grundschuld und zugleich durch ein Schuldversprechen/Schuldanerkenntnis samt Zwangsvollstreckungsunterwerfung gegen eine Vermögensverschlechterung des Darlehensnehmers abzusichern (vgl. nur BGH, Urt. vom 18.12.1986 – IX ZR 11/86, NJW 1987, 904). Dabei betont er, dass das Gesetz hinreichende Schutzmaßnahmen für den Schuldner vorhält, um gegen eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme vorzugehen (BGH, a.a.O, 906 m.w.N). Schon seit jeher sind Darlehensforderungen, Grundschulden, Ansprüche aus einem Schuldversprechen sowie Rechte aus einer Vollstreckungsunterwerfung abtretbar. Der Schuldner musste daher auch in der Vergangenheit stets damit rechnen, nicht von seinem selbst gewählten Gläubiger, sondern von einem Rechtsnachfolger in Anspruch genommen zu werden. Eine Beseitigung dieser bisher üblichen Möglichkeit zur Kombination von Sicherungsmitteln würde die Realisierbarkeit von Darlehensforderungen bei Nichtzahlung des Schuldners erheblich beeinträchtigen und dürfte die Kreditkonditionen nicht unwesentlich verteuern. Diese Folgen sind aus unserer Sicht auch bei der Abwägung für oder gegen eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen.
Kreditinstitute sind schon durch das Kreditwesengesetz verpflichtet, Kreditvergaben ausreichend zu unterlegen und sich vor allem gegen Zahlungsausfälle abzusichern. Würden künftig die Sicherungsmöglichkeiten beschränkt, wäre zu befürchten, dass einigen Kreditinteressenten die Kreditaufnahme mangels hinreichendem Eigenkapital versagt werden müsste. Für den verbleibenden Teil dürfte in die Konditionen für die Kreditvergabe einfließen, dass ausbleibende Zahlungen möglicherweise gerichtlich beigetrieben werden müssen (so auch Dümig, Handelsblatt vom 11.08.2008, S. 8). Einzukalkulieren hat der Darlehensgeber dabei nicht nur den Zeitaufwand und Verzugsschaden. Er wird vielmehr damit rechnen müssen, seine Verfahrenskosten für Gericht und Rechtsberatung selbst tragen zu müssen, weil der Schuldner im Falle rechtmäßiger zwangsweiser Durchsetzung der Darlehensforderung in aller Regel mittellos sein dürfte. Diese Aspekte wird das Kreditinstitut deshalb vor allem bei der Bemessung des Zinssatzes und eines Disagio zulasten künftiger Darlehensnehmer bewerten müssen. Umso schwerer dürfte dabei wiegen, dass die Verfahrenskosten ein Vielfaches der Gebühren für die Beurkundung einer Zwangsvollstreckungsunterwerfung betragen. So fallen gegenwärtig etwa für die Beurkundung einer sofort vollstreckbaren Grundschuld in Höhe von 100.000 € einschließlich vollstreckbarem Schuldanerkenntnis ca. 210 € Mehrkosten gegenüber einer nicht vollstreckbaren Grundschuld an; dem stünden Mehrkosten von etwa 5.490 € bei nachträglicher gerichtlicher Beitreibung der zunächst nicht vollstreckbaren Grundschuld gegenüber (also 5,49% anstelle von nur 0,21% des Grundschuldkapitals).
2. Die Tatsache, dass von der gesetzlich zugelassenen Abtretbarkeit in letzter Zeit verstärkt Gebrauch gemacht wird und dass es zu Härte- oder sogar Missbrauchsfällen gekommen ist, kann keine andere Beurteilung rechtfertigen.
a) Der Bundesgerichtshof hat jüngst (BGH, Urt. vom 22.05.2007 – XI ZR 338/05, MittBayNot 2008, 204, 205 f., NotBZ 2008, 27) seine ständige Rechtsprechung bestätigt, dass gegen die Kombination von Grundschuld, Schuldversprechen/Schuldanerkenntnis und Vollstreckungsunterwerfung keine Bedenken bestehen, insbesondere das damit keine unangemessene Benachteiligung des Schuldners im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB (früher § 9 AGBG) verbunden ist. Dieses Urteil ist – was das LG Hamburg übersieht – in Kenntnis der zunehmenden Zahl der Abtretungen von Bankkrediten und der dafür bestellten Sicherheiten ergangen. So hat der BGH in der Entscheidung vom 27.02.2007 – XI ZR 195/05, NJW 2007, 2106, 2107, die Abtretung von Darlehensforderungen eines Kreditinstitutes als zulässig angesehen. Ein Abtretungsausschluss widerspreche für den Kunden erkennbar den berechtigten Interessen der Bank. Die Bank sei vielmehr an einer freien Abtretbarkeit der Kreditforderungen zum Zwecke der Refinanzierung oder der Risiko- und Eigenkapitalentlastung interessiert. In diesem Urteil hat der BGH auch ein Rundschreiben des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen zur Veräußerung von Kundenforderungen im Rahmen von Asset-Backed Securities-Transaktionenvom 19.03.1997 erwähnt.
b) Für die fortbestehende Zulässigkeit der Kombination von Grundschuld, Schuldversprechen/Schuldanerkenntnis und Vollstreckungsunterwerfung spricht zudem, dass der Gesetzgeber in jüngster Vergangenheit nicht nur die Möglichkeiten zur Abtretung von Kreditforderungen und zur sofortigen Vollstreckung aus notariellen Urkunden deutlich erweitert hat (ersteres etwa durch Artikel 21a des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes, BGBl. 2002 I, 2010, letzteres durch Artikel 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften, BGBl. I, S. 3039, und die Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen). Den von verschiedener Seite erhobenen Forderungen nach einer Einschränkung der Zwangsvollstreckungsunterwerfung im Rahmen des Risikobegrenzungsgesetzes ist der Gesetzgeber gerade nicht nachgekommen. Stattdessen hat er ausdrücklich andere Schutzmöglichkeiten des Schuldners gegen eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme gestärkt, die vom BGH schon zuvor als ausreichend angesehen worden waren: nämlich die erleichterte Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 Abs. 1 Satz 2 ZPO und den verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruchs bei unzulässiger Vollstreckung durch einen anderen als den in der Urkunde bezeichneten Gläubiger, § 799a ZPO.
c) In die Beurteilung der Frage einer unangemessenen Benachteilung des Schuldners muss u. E. schließlich einfließen, dass mit der Gewährung der Sicherungsmittel (Grundschuld, Schuldversprechen/Schuldanerkenntnis und Vollstreckungsunterwerfung) ein Treueverhältnis zwischen dem Schuldner und dem von ihm ausgewählten ursprünglichen Gläubiger entsteht. Aus diesem Treuverhältnis wird vom BGH seit jeher die Verpflichtung des Gläubigers hergeleitet, die ihm im Sicherungsvertrag auferlegten Einschränkungen zur Inanspruchnahme der Sicherheiten an einen Erwerber weiterzugeben (BGH, Urt. vom 04.07.1986 – V ZR 238/84, ZIP 1986, 1454; BGH, Urt. vom 25.09.1996 – VIII ZR 76/95, NJW 1997, 461). Andernfalls macht sich der bisherige Gläubiger dem Schuldner gegenüber schadensersatzpflichtig. Aus unserer Sicht dürfte dies auch Schadensersatzansprüche bei einer ungerechtfertigten Inanspruchnahme durch einen Erwerber der Sicherungsmittel einschließen. Um derartige Schadensersatzpflichten, die den Wert der belasteten Immobilie erreichen können, zu vermeiden, werden Sicherheiten nach Auskunft der Kreditwirtschaft standardmäßig nur bei gleichzeitigem Eintritt des Erwerbers in die Verpflichtungen aus dem Sicherungsvertrag veräußert (einer Zustimmung des Schuldners bedarf es hierzu im Übrigen nicht). Dies gewährleistet, dass sich der Schuldner auch gegenüber einem Erwerber der Sicherheiten auf die beschränkte Verwertungsbefugnis nach der Sicherungsabrede berufen kann.
Erhöhte Schwierigkeiten bei der Durchsetzung dieses Schadensersatzanspruchs gegen den ursprünglichen Gläubiger, wie sie im Hinblick auf den Schadensersatzanspruch gegen den Neugläubiger vorgebracht werden (so LG Hamburg und Schimansky, a.a.O.), sind für uns dabei nicht ersichtlich. Sie wären im Übrigen vom Schuldner hinzunehmen, da sie nur seiner freien Gläubigerwahl folgen würden. Deshalb dürfte jedenfalls die Schadensersatzmöglichkeit gegen den ursprünglichen Gläubiger im Rahmen der Abwägungsentscheidung nach § 307 Abs. 1 BGB vollumfänglich zu berücksichtigen sein.
IV.
Bleibt eine Vollstreckungsunterwerfung wegen der Grundschuld und der persönlichen Haftung aus unserer Sicht demnach möglich, ist weiter zu erörtern, ob entsprechend der bisherigen Praxis unmittelbar eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt werden kann oder dies nur mehr unter eingeschränkten Voraussetzungen – wie etwa dem Nachweis der rechtzeitigen Kündigung – möglich ist.
1. Keinen Änderungsbedarf sehen wir zunächst mit Blick auf die persönliche Haftungsübernahme, soweit für diese Ansprüche nach wie vor die sofortige Fälligkeit vereinbart wird (dazu oben II.).
2. Was den Anspruch aus der Grundschuld zur Sicherung einer Geldforderung betrifft, muss hingegen beachtet werden, dass dieser künftig nach § 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB zwingend von der vorherigen Kündigung abhängt. Obwohl es sich hierbei um eine materiell-rechtliche Beschränkung handelt, wird dies verschiedentlich als Vollstreckungsvoraussetzung im Sinne der §§ 795, 726 Abs. 1 ZPO eingeordnet (etwa von Eickmann im Münchner Kommentar zum BGB, 4. Aufl. 2004, § 1193 Rn. 4). Demnach könnte die Vollstreckungsklausel nur erteilt werden, wenn dem Notar zuvor der Zugang der Kündigungserklärung in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde nachgewiesen wurde, wozu es in der Regel der Vorlage einer Zustellungsurkunde des Gerichtsvollziehers bzw. des von diesem betrauten Postzustellungsunternehmens bedürfen wird. Damit wäre zugleich der Zugangszeitpunkt für den Beginn der 6-Monats-Frist belegt.
a) Schon die Einordnung der für die Inanspruchnahme des Grundschuldkapitals künftig notwendigen Kündigung als Voraussetzung der Vollstreckung im Sinne des § 726 Abs. 1 ZPO erscheint indes aus unserer Sicht keineswegs zwingend. § 726 Abs. 1 ZPO betrifft in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich Urteile, „deren Vollstreckung nach ihrem Inhalt von dem (...) Eintritt einer (...) Tatsache (...) abhängt“. Dabei muss der Titel selbst – also der prozessuale Anspruch – nach seinem Inhalt bedingt sein. Bei Urteilen dürfte dies nur selten vorkommen, zumal der Unterfall der Zug-um-Zug-Verurteilung in § 726 Abs. 2 ZPO eine eigene Regelung erfahren hat. Als typische Beispiele für § 726 Abs. 1 ZPO werden hingegen Vergleiche „für den Fall der Rechtskraft der Scheidung“ oder Vergleiche mit Widerrufsvorbehalt angeführt (Lackmann in Musielak, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 726 Rn. 2). Schon daraus wird deutlich, dass grundsätzlich nur solche Tatsachen Vollstreckungsvoraussetzungen im Sinne des § 726 Abs. 1 ZPO sind, die in den Vollstreckungstitel selbst, also den Tenor, einfließen. Entsteht dieser Vollstreckungstitel – wie bei der Zwangsvollstreckung aus einer notarieller Urkunde – durch autonome Erklärung des Vollstreckungsschuldners, liegt es deshalb an ihm zu bestimmen, wie weit er sich unterwerfen will und ob er die Vollstreckung in irgendeiner Weise (etwa zeitlich oder gegenständlich) beschränken möchte (so ausdrücklich Lackmann, a. a. O., § 797 Rn. 38; vgl. auch Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, 2. Aufl. 2006, Rn. 6.42). Deutlich wird damit, dass eine materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung jedenfalls nicht automatisch zugleich den Vollstreckungsanspruch gemäß §§ 795, 726 Abs. 1 ZPO unter eine Bedingung stellt. Dies gilt vielmehr nur dann, wenn der Vollstreckungsschuldner die materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung in der Unterwerfungserklärung gleichzeitig zur Vollstreckungsvoraussetzung macht.
b) Fehlt im Titel allerdings eine ausdrücklich angeordnete Bedingung, bleibt allein die Möglichkeit, eine solche im Wege der Auslegung herzuleiten. Dies mag zwar häufig für die eigentlich nur den materiell-rechtlichen Anspruch betreffenden Voraussetzungen gewollt sein (so etwa Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 726 Rn. 3). Eine entsprechende Auslegung ist jedoch ausgeschlossen, wenn der Schuldner in der Bestellungsurkunde ausdrücklich erklärt, dass die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung von keinem weiteren Nachweis abhängen soll. Denn damit bringt der Schuldner zum Ausdruck, dass er die materiell-rechtlichen Tatbestandsmerkmale auch nicht stillschweigend auf die verfahrensrechtliche Ebene heben wollte.
aa) Ob eine solche häufig als „Nachweisverzicht“ bezeichnete Erklärung zulässig ist, wird zwar verschiedentlich bezweifelt (etwa von Eickmann, a.a.O., Stürner JZ 1977, 431, 432 oder Staudinger/Coester-Waltjen, BGB (2006) § 309 Nr. 12 Rn. 5). Die h.M. sieht dies jedoch aus unserer Sicht zurecht anders: Da der Schuldner den zu vollstreckenden Anspruch in der Urkunde (im Gegensatz zur Verurteilung) selbst bestimmen kann, greift der von Eickmann herangezogene Gedanke einer beschränkten Parteimaxime im Vollstreckungsrecht hier von vornherein nicht.
bb) Diskussionswürdig erscheint uns einzig ein Verstoß gegen §§ 307, 309 Nr. 12 BGB (für letzteres Coester-Waltjen und Stürner, a.a.O.; allgemein zur Klauselkontrolle der Unterwerfungserklärung Lackmann, a. a. O., § 794 Rn. 30 m. w. Nachw.). § 309 Nr. 12 BGB steht jedoch entgegen, dass sich weder durch die Vollstreckungsunterwerfung noch durch den Nachweisverzicht oder auch die sodann notwendige Vollstreckungsgegenklage (§§ 795, 767 ZPO) etwas an der Verteilung der Beweislast für die Berechtigung aus dem materiellen Anspruch ändert (ausführlich Münch NJW 1991, 795).
cc) Auch ein Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 oder Abs. 1 BGB dürfte aus unserer Sicht nicht vorliegen. Vor allem dürfte die Rechtsprechung des BGH zu Bauträgerverträgen mit Vollstreckungsunterwerfung und Nachweisverzicht (BGH, Urt. vom 22.10.1998 – VII ZR 99/97, NJW 1999, 51 und 27.09.2001 – VII ZR 388/00, NJW 2002, 138) auf die vorliegende Konstellation nicht übertragbar sein. Diese Rechtsprechung beruht auf den in § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 MaBV angeordneten Verboten, deren Schutzzweck eine weite Auslegung erfordert (BGH, a.a.O., NJW 1999, 51, 52). Zwar besteht für den Besteller der Grundschuld mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung aufgrund der ohne weiteres zu erteilenden vollstreckbaren Ausfertigung die latente Gefahr, ungerechtfertigt einer Zwangsvollstreckung ausgesetzt zu werden (darauf stützt sich der BGH, a.a.O., NJW 2002, 138, 139f.). Die Grundlage hierfür hat aber der Gesetzgeber letztlich schon mit dem Institut der Unterwerfungserklärung selbst gelegt (so auch Lackmann, a.a.O.).
Münzberg (a. a. O., § 797 Rn. 8) betont ebenso, dass der Schuldner hierdurch keineswegs rechtlos wird und sich ohne zusätzliche Erschwernisse verteidigen kann. Bedeutsam erscheint uns dabei auch, dass der Anspruch aus der Grundschuld anders als die Zahlungspflicht im Bauträgervertrag nicht von einer Gegenleistung abhängt und die Frage einer rechtswirksamen Kündigung anders als das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 und 2 MaBV in einem Verfahren nach § 767 ZPO vergleichsweise einfach zu überprüfen ist. Diesen Umstand wird die Kreditwirtschaft ebenso wie das geschärfte Bewusstsein der Bürger über die Möglichkeit rechtlicher Gegenmaßnahmen zu berücksichtigen haben. Dementsprechend dürfte sie auf die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ohne belastbaren Nachweis der Kündigung künftig wohl eher verzichten.
Im Hinblick auf § 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB ist zudem hervorzuheben, dass der Gesetzgeber den Gläubiger mit der Neuregelung zwar verpflichten wollte, gegenüber dem Schuldner eine Art „Warnschuss“ abzugeben, in das Verfahren der Zwangsvollstreckung jedoch nicht unmittelbar, sondern nur nachgelagert (über §§ 769 Abs. 1, 799a ZPO) eingreifen wollte. Besonders durch die erweiterte Möglichkeit zur einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung nach § 769 Abs. 1 Satz 2 ZPO hat er dem Schuldner die Verteidigung dabei noch erleichtert.
Fehlt es demnach bei der Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen an einer wirksamen Kündigung, ist eine Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld nach §§ 795, 767 ZPO für unwirksam zu erklären. Zuvor lässt sich mit dem erweiterten § 769 Abs. 1 ZPO unter erleichterten Voraussetzungen eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung erreichen. Ein dennoch eintretender Schaden kann vom Schuldner gegenüber dem ursprünglichen Gläubiger aufgrund des mit der Grundschuldbestellung entstandenen Treueverhältnisses und gegenüber dem Neugläubiger aufgrund des neu eingefügten § 799a ZPO geltend gemacht werden.
c) Losgelöst von dieser rechtlichen Einschätzung dürfte sich gleichwohl für die Praxis die Frage stellen, ob tatsächlich ein Bedürfnis nach der sofortigen Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung in Bezug auf die Grundschuld ohne Nachweis ihrer Kündigung besteht. Dem Notar bleibt es unbenommen, dem kreditgebenden Gläubiger sogleich eine einfache Ausfertigung zu erteilen. Kommt es in der Folge zu Zahlungsstockungen, gehen wir davon aus, dass die Banken künftig vorsorglich recht schnell eine Kündigung der Grundschuld aussprechen werden. Mit Blick auf eine denkbare Vollstreckungsabwehrklage werden sie dabei zur Sicherung des Nachweises in aller Regel die Kündigung über den Gerichtsvollzieher zustellen lassen. Da die Zustellungsurkunde des Gerichtsvollziehers bzw. des von ihm betrauten Postzustellungsunternehmens wiederum zugleich zulässiges Beweismittel im Sinne des § 726 Abs. 1 ZPO wäre, dürfte auch verfahrenstechnisch nicht allzu viel dagegen sprechen, die materiell-rechtlich notwendige Kündigung in die Zwangsvollstreckungsunterwerfung aufzunehmen und zur Vollstreckungsvoraussetzung im Sinne der §§ 795, 726 Abs. 1 ZPO zu machen (in diesem Sinne Wolfsteiner, a.a.O., Rn. 6.45 f.). Legt das Kreditinstitut mit dem Zustellungsnachweis zugleich die ihm zuvor erteilte einfache Ausfertigung der Grundschuldbestellung vor, wäre selbst bei Jahre zurückliegenden Grundschuldbestellungen die Erteilung der Vollstreckungsklausel ohne weitere Verzögerung möglich.
Zwar löst dieses Verfahren eine eigene Gebühr nach § 133 KostO aus, die – wie die Kosten der Grundschuldbestellung – wohl der Schuldner zu tragen hätte. Da die aufgeschobene, vom Nachweis abhängig gemachte Erteilung der Vollstreckungsklausel jedoch eher seinen Interessen entsprechen wird als die sofortige Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung, dürfte die Praxis dies in Kauf nehmen. Schließlich würde diese Gestaltung in besonderem Maße auch dem vom Gesetzgeber gewollten Ziel Rechnung tragen, dem Schuldner vor Beginn von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einen „Warnschuss“ zu erteilen. Auch würden sich damit verbleibende Bedenken im Hinblick auf die Zulässigkeit eines Nachweisverzichts erledigen.
V.
§ 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB ist nach der Übergangsvorschrift in Art. 229 § 18 EGBGB nur auf Grundschulden anzuwenden, die nach seinem Inkrafttreten „bestellt“ werden. Ob hierunter der Zeitpunkt der Beurkundung der Grundschuld bzw. der Beglaubigung der Unterschrift des Grundschuldbestellers, der Zeitpunkt der Einigung der Parteien oder der Zeitpunkt der Eintragung der Grundschuld im Grundbuch zu verstehen ist, bleibt offen. Das BGB verwendet den Begriff der „Bestellung“ bislang eher uneinheitlich. Wenig ergiebig sind etwa §§ 1113 Abs. 2 BGB oder 1105 Abs. 2 BGB über das Bestellen einer Hypothek für eine künftige oder bedingte Forderung bzw. einer Reallast zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks. Zur „Bestellung“ eines Nießbrauchs oder Pfandrechts an einer beweglichen Sache verlangen §§ 1032, 1205 BGB demgegenüber Einigung und Übergabe. Ebenso ist zur „Bestellung“ eines Grundbuchvertreters nach § 1189 Abs. 1 Satz 2 BGB (auch) die Eintragung in das Grundbuch erforderlich.
Andererseits betont die Begründung, dass die Beschränkungen für Vereinbarungen zur Fälligkeit und Kündigung von Sicherungsgrundschulden für Geldforderungen „nicht auf Altfälle angewendet werden (sollen). Hier sollen die Vereinbarungen (Hervorhebung von uns) der Vertragsparteien, die nach der alten Fassung ausdrücklich zulässig waren, respektiert werden“. Offenbar soll für die Geltung der Neuregelung nicht der Zeitpunkt der Eintragung maßgeblich sein, auf den die Vertragsparteien keinen konkreten Einfluss haben. Vielmehr scheint der Gesetzgeber hier das untechnische „Bestellen“ der Sicherheiten beim Notar nach den Vorgaben des Kreditgebers für die Grundschuldbestellungsurkunde vor Augen gehabt zu haben. Dabei dürfte auch zu berücksichtigen sein, dass die Neuregelungen trotz der Aufmerksamkeit für das Gesetzgebungsverfahren in den Medien für die Allgemeinheit im Einzelnen in aller Regel nicht vor Verkündung im Gesetzblatt einsehbar sind und der Gesetzgeber deshalb davon ausgehen muss, dass sie erst ab diesem Zeitpunkt in künftige „Vereinbarungen“ einfließen können.
Wurde auch nach Inkrafttreten der Neuregelungen eine Grundschuld mit der gewohnten abweichenden Fälligkeitsbestimmung beurkundet, ist diese Bestimmung nach § 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB unwirksam (dazu Abschnitt I.). Zu klären bleibt, wie sich diese Unwirksamkeit auf die Grundschuldbestellung im Übrigen auswirkt. Dabei dürfte § 139 BGB a. E. eingreifen, wonach es bei der Teilnichtigkeit anstelle einer Gesamtnichtigkeit bleibt, wenn anzunehmen ist, dass das Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre. Nach Auskunft des Zentralen Kreditausschusses hat die Kreditwirtschaft bereits mit der Überarbeitung ihrer Formulare begonnen und verzichtet darin künftig auf Regelungen zur Fälligkeit der Grundschuld. Dies zeigt, dass der Fälligkeitsbestimmung keine derartige Bedeutung zukommt, dass Banken künftig insgesamt von einer Grundschuldbesicherung Abstand nehmen würden. Dies dürfte auch dem Besteller der Grundschuld ohne weiteres erkennbar sein.
VI.
Abschließend möchten wir Sie auf eine Veröffentlichung aus der Gutachtenpraxis unserer Tochter-Einrichtung, des Deutschen Notarinstituts, aufmerksam machen. Nachdem wir in unserem Rundschreiben Nr. 7/2008 eine kurzfristige Einschätzung zum Umgang mit Verkaufsvollmachten für Grundschuldgläubiger in der notariellen Praxis gegeben hatten, haben wir das Deutsche Notar-Institut gebeten, die Thematik umfassend für die Kolleginnen und Kollegen aufzubereiten. Das Gutachten wird im DNotI-Report 16/2008 veröffentlicht. Wir bitten um gefällige Kenntnisnahme.
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