Entwurf eines BMF-Schreibens zur obligatorischen elektronischen Rechnung bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern ab dem 1. Januar 2025
Zusammenfassung:
Der Entwurf eines BMF-Schreibens zur Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern ab dem 1. Januar 2025 konkretisiert die künftigen umsatzsteuerrechtlichen Vorgaben für die Ausstellung von Rechnungen bei inländischen B2B-Umsätzen.
Das Ziel, diese neuen Verpflichtungen für die betroffenen umsatzsteuerrechtlichen Unternehmerinnen und Unternehmer zu konkretisieren und einheitliche Anwendungsstandards zu schaffen, begrüßen wir ausdrücklich. Hierdurch können umsatzsteuerliche Vorgänge für die Finanzverwaltung zuverlässig transparent gemacht und Umsatzsteuerbetrug bekämpft werden. Rechnungen, denen eine notarielle Kostenberechnung im Sinne des § 19 GNotKG zugrunde liegt, können aufgrund der notariellen Verschwiegenheitspflicht nicht ohne Weiteres zum Gegenstand automatisierter Auswertungen gemacht werden. Entsprechend regen wir an, für solche Rechnungen eine Ausnahme von § 14 Abs. 2 UStG vorzusehen (A.). Darüber hinaus wäre es zielführend, wenn das BMF-Schreiben konkrete Alternativen zu den in § 14 Abs. 3 Satz 6 UStG k. F. genannten Verfahren benennen würde, welche die Echtheit und Unversehrtheit einer elektronischen Rechnung in zulässiger Weise gewährleisten können (B.).
Im Einzelnen:
Für den Geschäftsverkehr zwischen umsatzsteuerlichen Unternehmerinnen und Unternehmern sieht § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UStG k. F. die Pflicht vor, Rechnungen zukünftig grundsätzlich in einer besonderen elektronischen Form auszustellen. Das bedeutet, dass die Rechnung „in einem strukturierten elektronischen Format“ zu erstellen (§ 14 Abs. 1 Satz 3 UStG k. F.) und deren Echtheit und Unversehrtheit durch qualifizierte elektronische Signatur (qeS) oder ein anderes zulässiges Verfahren zu gewährleisten ist (§ 14 Abs. 3 Satz 6 UStG k. F.). Durch eine automatisierte Auswertung der strukturierten Datensätze im Rahmen eines bundesweiten Meldesystems soll hierdurch perspektivisch Umsatzsteuerbetrug bekämpft werden können.[1]
A. Schaffung einer Ausnahme für Rechnungen auf Grundlage von § 19 GNotKG
Das Ziel, umsatzsteuerliche Vorgänge für die Finanzverwaltung transparent zu machen und Umsatzsteuerbetrug zu bekämpfen, ist uneingeschränkt zu begrüßen. Mit Blick auf die von Notarinnen und Notaren ausgestellten Rechnungen, denen eine notarielle Kostenberechnung im Sinne des § 19 GNotKG zugrunde liegt, ist allerdings zu beachten, dass diese aufgrund der notariellen Verschwiegenheitspflicht nicht ohne Weiteres zum Gegenstand automatisierter Auswertungen gemacht werden können (I.). Entsprechend ist es auch nicht erforderlich, für diese Rechnungen die besondere elektronische Form im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 3 UStG k. F. vorzuschreiben. Aufgrund der Stellung der Notarinnen und Notare als öffentliche Amtsträger und einer engmaschigen staatlichen Kontrolle der nach den gesetzlichen Vorgaben erstellten notariellen Kostenberechnungen wird der Gefahr des Umsatzsteuerbetrugs bereits zusätzlich begegnet (II.). Mit dem aktuell vorliegenden Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und des Justizkostenrechts (Kostenrechtsänderungsgesetz 2025) wird in § 19 Abs. 1 GNotKG eine spezialgesetzliche Regelung zur Erstellung notarieller Kostenberechnungen in Textform eingeführt, dessen Ziel durch eine übermäßige Anwendung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Hs. 2 UStG k. F. konterkariert werden würde (III.). Wir regen daher an, Rechnungen, die von Notarinnen und Notaren auf der Grundlage von notariellen Kostenberechnungen im Sinne des § 19 GNotKG erstellt werden, aus dem Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Hs. 2 UStG k. F. auszunehmen und dies ggf. in dem vorliegenden BMF-Schreiben klarzustellen (IV.).
I. Notarielle Verschwiegenheitspflicht steht automatisierter Auswertung entgegen
Die verpflichtende Abgabe von Rechnungen in der in § 14 Abs. 1 Satz 3 UStG k. F. vorgesehenen besonderen elektronischen Form verfolgt unter anderem das Ziel, diese zukünftig für eine automatisierte Auswertung durch die Finanzverwaltung nutzbar zu machen.[2] Von Notarinnen und Notaren ausgestellte Rechnungen, denen eine notarielle Kostenberechnung im Sinne des § 19 GNotKG zugrunde liegt, enthalten Angaben, die von der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht der Notarinnen und Notare gemäß § 18 BNotO erfasst werden.
Eine künftige Einführung der automatisierten Auswertung der nach § 14 Abs. 2 UStG k. F. erstellten elektronischen Rechnungsdaten durch die Finanzverwaltung müsste entsprechende Ausnahmen für Rechnungsdaten enthalten, die dieser gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterfallen. Andernfalls bestünde die erhebliche Gefahr, dass das gesetzlich geschützte Vertrauensverhältnis zwischen den rechtsuchenden Bürgerinnen und Bürgern und den rechtsberatenden Berufsgeheimnisträgern wie etwa Notarinnen und Notaren nachhaltig gestört würde, weil die Finanzverwaltung künftig Einblick in jede Beurkundung und Beglaubigung hätte. Eine pauschale automatisierte Auswertung aller von Notarinnen und Notaren ausgestellten Rechnungen käme rechtlich daher nicht in Frage.
Entsprechend ist es auch nicht erforderlich, für diese Rechnungen die besondere elektronische Form im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 3 UStG k. F. vorzuschreiben.
II. Besondere Schutzvorkehrungen gegen Umsatzsteuerbetrug
Anders als im privatwirtschaftlichen B2B-Bereich bestehen bei von Notarinnen und Notaren ausgestellten Rechnungen bereits besondere gesetzliche Schutzvorkehrungen gegen Umsatzsteuerbetrug. Notarinnen und Notare sind öffentliche Amtsträger und durch verschiedene steuerrechtliche Anzeigepflichten selbst in den Schutz des staatlichen Steueraufkommens eingebunden. Darüber hinaus unterliegen sie einer regelmäßigen und engmaschigen Kontrolle durch die Justizverwaltung als Aufsichtsbehörde. Die alle vier Jahre stattfindende Notarprüfung erstreckt sich insbesondere auch auf die Kostenrechnung und den Kosteneinzug, § 18 Abs. 4 DONot.
III. Differenzierte Spezialregelung in § 19 Abs. 1 GNotKG
Das notarielle Berufsrecht sieht in § 19 Abs. 1 Satz 1 GNotKG bereits seit dem 1. August 2022 die Möglichkeit vor, elektronische Kostenberechnungen zu erstellen. Diese werden in der Regel mit der umsatzsteuerrechtlichen Rechnung in einem Dokument zusammengefasst.[3] Ein strukturierter Datensatz ist nicht erforderlich.
Zwar wird derzeit noch das Anbringen einer qualifizierten elektronischen Signatur verlangt. Der nunmehr vorliegende Entwurf des Kostenrechtsänderungsgesetz 2025 sieht allerdings vor, dass notarielle Kostenberechnungen künftig auch in Textform erfolgen können, damit die Übermittlung möglichst einfach und barrierefrei erfolgen kann.[4] Es erschiene widersprüchlich, diese Erleichterung durch eine Pflicht zur Erstellung von elektronischen Rechnungen nach § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UStG k. F. zu konterkarieren. Dies würde nämlich dazu führen, dass Notarinnen und Notare künftig neben der in Textform gefertigten Kostenberechnung ein weiteres elektronisches Dokument in der Form des § 14 Abs. 1 Satz 3 UStG k. F. an die unternehmerisch tätigen Bürgerinnen und Bürger versenden müssten. Dies würde nicht nur für die Notarinnen und Notare, sondern insbesondere für die empfangenden Unternehmerinnen und Unternehmer einen unnötigen bürokratischen Mehraufwand darstellen
Die Regelung in § 19 Abs. 1 Satz 1 GNotKG-E unterscheidet hingegen nicht zwischen Kostenberechnungen, die an Verbraucher ausgestellt werden und solchen, die an Unternehmer ausgestellt werden. Ob eine Rechnung in analoger oder elektronischer Form ausgestellt wird, obliegt grundsätzlich der Notarin oder dem Notar als Trägerin bzw. Träger eines öffentlichen Amtes. Dies ermöglicht es etwa, digitalen Start-Up-Gründerinnen oder bereits auf vollständig papierlose Büros umgestellten Unternehmen eine elektronische Rechnung auszustellen, während dem hochbetagten Einzelkaufmann wie gewohnt eine Rechnung in Papierform übersandt werden kann.
Das Kostenrechtsänderungsgesetz 2025 sieht damit für den notariellen Bereich bereits eine unbürokratische, austarierte gesetzliche Regelung speziell zur elektronischen notariellen Kostenberechnung und Rechnungsstellung vor.
IV. Mögliche Lösung
Aus den dargestellten Gründen erscheint ein Erstrecken des Anwendungsbereiches des § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Hs. 2 UStG k. F. auf Rechnungen, denen eine notarielle Kostenberechnung zugrunde liegt, nicht für erforderlich und nicht zweckmäßig.
Vor diesem Hintergrund regen wir an, Rechnungen, die von Notarinnen und Notaren auf der Grundlage von notariellen Kostenberechnungen im Sinne des § 19 GNotKG erstellt werden, vom Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Hs. 2 UStG k. F. auszunehmen. Dies ließe sich beispielsweise durch eine Klarstellung in dem vorliegenden BMF-Schreiben erreichen. Alternativ könnte ressortübergreifend eine entsprechende Ausnahme in die nach § 14 Abs. 6 UStG seitens des Bundesministeriums der Finanzen zu erlassende Durchführungsverordnung aufgenommen werden.
B. Konkretisierung der Anforderungen des § 14 Abs. 3 UStG k. F.
§ 14 Abs. 3 Satz 1 UStG k. F. sieht vor, dass der Rechnungsersteller die Echtheit und Unversehrtheit der Rechnung sicherzustellen hat. In welcher Weise das geschieht, kann jeder Unternehmer gemäß § 14 Abs. 3 Satz 4 UStG k. F. selbst festlegen. Gemäß § 14 Abs. 3 Satz 5 UStG k. F. kommt jedes innerbetriebliche Kontrollverfahren in Frage, das einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schafft.
§ 14 Abs. 3 Satz 6 UStG k. F. benennt zwei in jedem Fall zulässige Verfahren, nämlich das Anbringen einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) und den elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98). Gleichzeitig bringt die Vorschrift zum Ausdruck, dass weitere zulässige Verfahren denkbar sind. Der vorliegende Entwurf eines BMF-Schreibens macht hierzu aber keine näheren Ausführungen. Es wäre hilfreich, wenn das BMF-Schreiben weitere Verfahren benennen würde, welche die Echtheit und Unversehrtheit einer elektronischen Rechnung in gleicher Weise wie die in § 14 Abs. 3 Satz 6 UStG k. F. benannten gewährleisten können.
[1] Vgl. Rn. 1 des Entwurfs; BT-Drs. 20/8628, 204.
[2] Vgl. Rn. 1 des Entwurfs; BT-Drs. 20/8628, 204.
[3] Vgl. die Musterrechnung in BT-Drs. 17/ 1711471, 159; s. Richter/Szalai, in: BeckOK, Kostenrecht, Stand: 01.04.2024, § 19 GNotKG Rn. 4.
[4] Vgl. Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und des Justizkostenrechts (Kostenrechtsänderungsgesetz 2025), S. 48.
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