Stellungnahme vom 07.06.2022

Referentenentwurf einer Verordnung über den Betrieb eines Videokommunikationssystems für notarielle Urkundstätigkeiten

Zusammenfassung:

Die Bundesnotarkammer begrüßt den gelungenen Referentenentwurf.

Die in dem Referentenentwurf enthaltenen Regelungen konkretisieren sachgerecht die technischen Anforderungen an das Videokommunikationssystem, das von der Bundesnotarkammer nach dem Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) zu entwickeln und zu betreiben ist, um ab dem 1. August 2022 notarielle Online-Verfahren zu ermöglichen.

Besonders erfreulich ist, dass sich der Referentenentwurf weitgehend auf funktionale Anforderungen bezieht und lösungsneutral formuliert ist. Dies ermöglicht es der Bundesnotarkammer als Betreiberin des Videokommunikationssystems, das Videokommunikationssystem auch in Zukunft weiterzuentwickeln und innovative Lösungen umzusetzen.

Ebenfalls sehr zu begrüßen ist die in dem Referentenentwurf enthaltene Konkretisierung hinsichtlich des elektronischen Auslesens amtlicher Lichtbilder. Danach umfasst der Auslesevorgang zwingend die Prüfung der Echtheit und Gültigkeit sowie der Manipulationsfreiheit des Ausweis- und Passdokumentes. Dass der Referentenentwurf diese technischen Sicherheitsstandards vorsieht, ist zum Schutz des Rechtsverkehrs vor Identitätstäuschung und Geldwäsche unabdingbar und sehr zu begrüßen.

Im Hinblick auf die in dem Referentenentwurf enthaltenen technischen Vorschriften zum Lichtbildauslesen und zum Rollen- und Berechtigungsmanagement regen wir kleinere Anpassungen an. Diese betreffen insbesondere die an die Amtsperson zu übermittelnden Lichtbilddaten, die besonderen Zuständigkeits- und Verfahrensvorschriften bei der Erteilung technischer Berechtigungen für Vertretungen sowie die Zugriffseinräumung für Bürgerinnen und Bürger, die eine Amtsperson um die Erstellung eines Vorgangs ersucht haben (unten D. und F.).

Im Einzelnen:

A. Allgemeines

Der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz vom 25. April 2022 hinsichtlich einer Verordnung über den Betrieb eines Videokommunikationssystems für notarielle Urkundstätigkeiten (nachfolgend „NotViKoV-E“ oder „Referentenentwurf“) beruht auf der in § 78p Abs. 3 der Bundesnotarordnung (BNotO) enthaltenen Ermächtigungsgrundlage. Der Referentenentwurf konkretisiert das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) vom 5. Juli 2021 (BGBl. I S. 3338). Nach dem DiRUG ist es ab dem 1. August 2022 möglich, bestimmte notarielle Beurkundungen und Beglaubigungen in einem Online-Verfahren durchzuführen. Die Bundesnotarkammer ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts vom Gesetzgeber in § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 und § 78p BNotO k. F. mit dem Betrieb eines hoheitlichen und sicheren Videokommunikationssystems betraut worden. Die technischen Anforderungen an dieses Videokommunikationssystem werden in dem Referentenentwurf geregelt.

B. Technische Konzeption des Videokommunikationssystems

Aus Sicht der Bundesnotarkammer als zukünftiger Betreiberin des Videokommunikationssystems ist der Referentenentwurf sachgerecht und gelungen. Der Referentenentwurf ermöglicht es der Bundesnotarkammer, die nachstehend skizzierte technische Konzeption des Videokommunikationssystems aufrechtzuerhalten:

  • Das Videokommunikationssystem der Bundesnotarkammer besteht aus einem Internetportal und einer kostenlosen Notar-App, die bürgerseitig für notarielle Online-Verfahren genutzt werden können. Rechtsuchende Bürgerinnen und Bürger können ein neues Online-Verfahren im Internetportal oder in der App starten, indem sie ihr Anliegen schildern und eine Notarin oder einen Notar auswählen. Notarinnen und Notare werden automatisch über die bestehende sichere XNP-Verbindung, die bereits heute u. a. für den elektronischen Registerverkehr und das Elektronische Urkundenarchiv genutzt wird, mit dem Internetportal verknüpft. Dies ermöglicht einen gesicherten Informationsaustausch der Bürgerinnen und Bürger mit Notarinnen und Notaren. Unter anderem ist vorgesehen, dass Chat-Nachrichten und Dokumente verschlüsselt ausgetauscht werden können. Es wird auch möglich sein, online Termine für eine Videobeurkundung zu vereinbaren.
  • Die Online-Beurkundung erfolgt im Rahmen einer Videokonferenz. In dieser Videokonferenz werden die Beteiligten in einem besonders rechtssicheren Verfahren zweistufig anhand der aus geeigneten amtlichen (Ausweis-)Dokumenten elektronisch ausgelesenen eID-Daten und der ebenfalls elektronisch ausgelesenen Lichtbilddaten identifiziert. Nachdem die Beteiligten durch die Notarin oder den Notar identifiziert worden sind, wird die elektronische Urkunde im Fall einer Online-Beurkundung verlesen und eventuelle Anpassungen werden vorgenommen. Abschließend signieren die Urkundsbeteiligten sowie die Notarin oder der Notar die elektronische Urkunde. Technisch sind die notarspezifischen Funktionen, die das Videokommunikationssystem der Bundesnotarkammer vorsieht, höchst anspruchsvoll. Für die rechtsuchenden Bürgerinnen und Bürger ist die Anwendung aber einfach und intuitiv zu bedienen.

Der Referentenentwurf enthält keine Regelungen, die wesentliche Änderungen der bereits erstellten Software erforderten. Dies ist im Interesse einer pünktlichen Bereitstellung des Internetportals und der Notar-App zum Livegang am 1. August 2022 sehr zu begrüßen.

C. Lösungsneutrale Formulierung der technischen Anforderungen

Weiter ist sehr zu begrüßen, dass der Referentenentwurf innovationsfreundlich ausgestaltet ist.

Die in dem Referentenentwurf enthaltenen technischen Anforderungen sind lösungsneutral formuliert. Dies bedeutet, dass keine konkreten IT-Lösungen vorgegeben werden. Damit ist es der Bundesnotarkammer möglich, das Videokommunikationssystem in den kommenden Jahren fortzuentwickeln, künftige Innovationen zu integrieren und auf Entwicklungen angemessen zu reagieren. Dies ist im Interesse einer praxistauglichen IT-Anwendung, die benutzerfreundlich ausgestaltet ist und zugleich höchsten Sicherheitsanforderungen genügt, sehr zu begrüßen.

D. Technischer Rahmen für die rechtssichere Identifizierung der Beteiligten

Auch die Regelungen zur Identifizierung der Beteiligten in § 10 NotViKoV-E sind sehr gelungen.

Nach dieser Vorschrift muss es das Videokommunikationssystem der Bundesnotarkammer Notarinnen und Notaren ermöglichen, in einer Videokonferenz die Beteiligten im Einklang mit den Vorgaben des § 16c BeurkG k. F. zu identifizieren. Diese Identifizierung erfolgt zweistufig. Zunächst werden die Beteiligten anhand der aus einem Personalausweis oder einem vergleichbaren Ausweisdokument ausgelesenen eID-Daten – wie insbesondere Vor- und Nachname sowie Geburtsdatum – identifiziert. Dieses eID-Identifizierungsverfahren bietet ein hohes Maß an Sicherheit, da neben einem Besitzelement (Besitz des Ausweisdokuments) auch ein Wissenselement (persönliche Ausweis-PIN) abgefragt wird. Da ein reines eID-Identifizierungsverfahren jedoch keinen Lichtbildabgleich ermöglicht, der für eine rechtssichere Identifizierung zum Ausschluss von Identitätstäuschungen unerlässlich ist, hat der DiRUG-Gesetzgeber zusätzlich einen Lichtbildabgleich in § 16c Satz 2 BeurkG k. F. vorgesehen.

Dieses Identifizierungsverfahren nach § 16c BeurkG k. F. wird in § 10 Abs. 3 NotViKoV-E konkretisiert, indem insbesondere der technische Auslesevorgang des elektronisch gespeicherten Lichtbildes näher ausgestaltet wird. Danach umfasst der Auslesevorgang zwingend die Prüfung der Echtheit und Gültigkeit sowie der Manipulationsfreiheit des Ausweis- und Passdokumentes. Dies ist u. a. bei modernen deutschen Personalausweisen und elektronischen Aufenthaltstiteln sowie bei deutschen und zahlreichen ausländischen Reisepässen der Fall. Dies bedeutet, dass die notariellen Online-Verfahren für einen sehr großen Personenkreis zugänglich sind und zugleich höchste Sicherheitsstandards gewahrt werden, die für ein notarielles Beurkundungsverfahren und den daran anknüpfenden Registerverkehr notwendig sind. Dass der Referentenentwurf diese technischen Sicherheitsstandards vorsieht, ist nach unserer Einschätzung zum Schutz des Rechtsverkehrs vor Identitätstäuschung und Geldwäsche unabdingbar und sehr zu begrüßen.

Um eine Identifizierung der Beteiligten durch die Amtsperson auf der Grundlage eines elektronisch ausgelesenen amtlichen Lichtbildes zu ermöglichen, sind gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 NotViKoV-E das Lichtbild sowie die Vornamen, der Familienname sowie der Tag der Geburt aus einem geeigneten Ausweis- oder Passdokument auszulesen. Verwendet werden dürfen nach § 16c Satz 2 BeurkG k. F. nur solche Ausweis- oder Passdokumente, mit denen die Pass- und Ausweispflicht im Inland erfüllt wird. Um dies prüfen zu können, sollte die beurkundende Amtsperson Informationen zu dem ausstellenden Staat und zu der Dokumentenart erhalten.

Daher regen wir an, in § 10 Abs. 3 Satz 4 NotViKoV-E nach „Familienname“ das Wort „und“ zu streichen sowie nach „Tag der Geburt“ die folgenden Wörter zu ergänzen: „, 5. den ausstellenden Staat und 6. die Dokumentenart.“

E. Technische Rahmenbedingungen für den elektronischen Signierprozess

Im Hinblick auf den Signiervorgang, der im Online-Verfahren die Unterschriften der Beteiligten ersetzt, enthält § 12 NotViKoV-E technische Verfahrensausgestaltungen, die die Vorschriften des Beurkundungsgesetzes in der Fassung des DiRUG zweckentsprechend konkretisieren.

Nach § 16b Abs. 4 BeurkG k. F. ist die elektronische Niederschrift in einem notariellen Online-Verfahren mit qualifizierten elektronischen Signaturen zu versehen, die an die Stelle der im Präsenzverfahren vorgesehenen Unterschriften treten. Die qualifizierten elektronischen Signaturen müssen auf einem Signaturzertifikat beruhen, das auf Dauer prüfbar ist. Dieses Signaturzertifikat muss nach § 12 Abs. 3 Satz 2 NotViKoV-E auf der Grundlage der eID-Daten erstellt werden. Dies gewährleistet eine sichere Grundlage für die spätere Signaturerstellung in der Videokonferenz. Die aus dem Ausweisdokument der Bürgerinnen und Bürger ausgelesenen eID-Daten werden also neben der Identifizierung auch verwendet, um ein Signaturverfahren zu gewährleisten, das höchsten technischen Sicherheitsanforderungen genügt.

F. Anforderungen an das Rollen- und Zugangsmanagement

Der Referentenentwurf enthält in den §§ 2 ff. NotViKoV-E detaillierte Vorgaben für das Rollen- und Zugangsmanagement, die bei dem Betrieb des Videokommunikationssystems umzusetzen sind. Diese detaillierten Vorgaben sind weitgehend den für das Elektronische Urkundenarchiv geltenden Vorschriften nachgebildet. Dies ist sachgerecht, da es sich sowohl bei dem Elektronischen Urkundenarchiv als auch bei den notariellen Online-Verfahren notarseitig um technische Module des einheitlichen und besonders gesicherten XNP-Systems handelt. Daher sind die Vorgaben des Referentenentwurfs für das Rollen- und Zugangsmanagement zu begrüßen.

Es gibt hinsichtlich der in dem Referentenentwurf enthaltenen Vorschriften über das Rollen- und Berechtigungsmanagement und das Lichtbildauslesen kleinere Regelungen, deren Anpassung angeregt wird:

I. Technische Zugangsberechtigung der Notarvertretung, § 3 Abs. 2 NotViKoV-E

Zunächst regen wir an, in § 3 Abs. 2 die Sätze 3 bis 5 ersatzlos zu streichen. Im Hinblick auf das dort geregelte Entscheidungsverfahren bei der Einräumung technischer Zugangsberechtigungen besteht nach der Einschätzung der Bundesnotarkammer Vereinfachungs- und Verbesserungspotential.

Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 NotViKoV-E soll die technische Zugangsberechtigung für Notarvertretungen durch die zu vertretende Amtsperson eingeräumt werden oder, wenn dies etwa krankheitsbedingt nicht erfolgt, durch die Notarkammer. Dies wäre unseres Erachtens eine ausreichende Regelungstiefe.

Noch detaillierter soll jedoch nach § 3 Abs. 2 Satz 3  bis 5 NotViKoV-E die Einräumung der technischen Zugangsberechtigung durch die Notarkammer aufgrund eines Beschlusses des Vorstands der Notarkammer erfolgen oder, wenn ein Beschluss des Vorstands nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann, aufgrund einer Entscheidung der Präsidentin oder des Präsidenten der Notarkammer, wobei die Entscheidung des Vorstands dann unverzüglich nachzuholen ist. Aus Sicht der Bundesnotarkammer ist es nicht notwendig, den Notarkammern diese spezifischen Vorgaben für das Verfahren und die Zuständigkeiten der internen Willensbildung zu machen. Die Regelung ordnet gerade in kurzfristig entstehenden und regelmäßig unproblematischen Situationen einen aufwändigen Willensbildungsprozess an, der für die rechtssuchende Bevölkerung zu Verzögerungen erbetener Urkundstätigkeiten führen kann.

Sofern in § 3 Abs. 2 NotViKoV-E die Sätze 3 bis 5 ersatzlos gestrichen würden, richtete sich die Entscheidungsfindung nach den allgemeinen Grundsätzen des § 70 BNotO. Danach ist die Präsidentin oder der Präsident der Notarkammer für deren Handeln im Außenverhältnis zuständig. Diese Befugnis wird in der Regel für das laufende Geschäft auf eine Geschäftsführerin oder einen Geschäftsführer übertragen. Da es sich bei der Begleitung krankheitsbedingter Notarvertretungen um einen Vorgang des laufenden Geschäfts handelt, ist es nach der Einschätzung der Bundesnotarkammer sachgerecht, die allgemeinen Grundsätze des § 70 BNotO anzuwenden. Im Falle einer Vertretung besteht ein erhöhtes Bedürfnis für eine schnelle Erteilung der technischen Zugangsberechtigung, weil die Vertretung persönlich das Videokommunikationssystem für kurzfristig anstehende Online-Verfahren nutzen können muss. Es besteht kein erhöhtes Missbrauchspotential, dem mit einer besonderen Verfahrens- und Zuständigkeitsregelung begegnet werden müsste, zumal die über den technischen Zugang einsehbaren Verfahrensdaten auch in der papiergebundenen Nebenakte enthalten sind, zu der eine Notarvertretung ohnehin einen uneingeschränkten Zugang hat. Vor diesem Hintergrund regen wir an, in § 3 Abs. 2 NotViKoV-E die Sätze 3 bis 5 zu streichen.

II. Entzug der Zugangsberechtigung von Beschäftigten, § 4 Abs. 6 NotViKoV-E

Nach § 4 Abs. 6 Satz 2 NotViKoV-E kann neben der Bundesnotarkammer auch die Notarkammer die technische Zugangsberechtigung einer Amtsperson vorübergehend entziehen, wenn die Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung besteht. In solchen Fällen sollte die Notarkammer auch die Möglichkeit haben, den bei der Amtsperson beschäftigten Personen die technische Zugangsberechtigung zu entziehen. Eine Entziehung durch die häufig in erster Linie mit einem missbrauchsträchtigen Sachverhalt befasste Notarkammer kann – wie beim Elektronischen Urkundenarchiv (§ 59 Abs. 5 NotAktVV) – sinnvoll sein, um missbräuchliche Verhaltensweisen schnell und effektiv verhindern zu können.

Es wird angeregt, in § 4 Abs. 6 Satz 2 NotViKoV-E nach „§ 2 Absatz 1 Nummer 1 bis 3“ die Wörter „oder Absatz 2“ zu ergänzen.

III. Zugriffsberechtigung der Notarvertretung auf einen Vorgang, § 5 NotViKoV-E

Die Verordnung unterscheidet zwischen der technischen Zugangsberechtigung zum Videokommunikationssystem (§ 3 NotViKoV-E) und dem Zugriff auf konkrete Vorgänge, in denen die zu einer Urkundstätigkeit gehörenden Datensätze gespeichert sind (§ 5 Abs. 2 NotViKoV-E). Wird für eine Notarin oder einen Notar eine Notarvertretung bestellt, so übt die Vertretung das Amt selbstständig und unter eigener Verantwortung im Namen der Notarin oder des Notars aus. Dies erfordert neben dem technischen Zugang zum Videokommunikationssystem auch den Zugriff auf die Vorgänge, mit denen die vertretene Amtsperson befasst ist. Der Vertretung muss daher der Zugriff auf diese Vorgänge eingeräumt werden.

Momentan regelt § 3 Abs. 2 NotViKoV-E zwar die Einräumung der technischen Zugangsberechtigung zum Videokommunikationssystem als solchem. In § 5 NotViKoV-E findet sich aber keine gesonderte Regelung zur Einräumung des Zugriffs auf Vorgänge. § 5 Abs. 3 NotViKoV-E knüpft an den Übergang der Verwahrzuständigkeit und erfasst damit lediglich Fälle der Amtsnachfolge, wie auch die Begründung des Referentenentwurfs (S. 25) klarstellt. Für die Einräumung des Zugriffs an die Notarvertretung ist keine entsprechende Regelung enthalten.

Der Zugriff sollte der Notarvertretung in der Regel von der zu vertretenden Amtsperson eingeräumt werden. Ist dies (zum Beispiel aufgrund kurzfristiger Erkrankung) nicht möglich, sollte die jeweils zuständige Notarkammer in die Lage versetzt werden, der Notarvertretung kurzfristig Zugriff auf die Vorgänge einzuräumen. Auf Vorgaben zur internen Willensbildung sollte daher verzichtet werden, sodass die Notarkammer die Entscheidung auch einer Geschäftsführerin oder einem Geschäftsführer überantworten kann. Andernfalls würden im Vertretungsfall Verzögerungen erbetener Urkundstätigkeiten drohen.

Wir regen daher an, dass nach § 5 Abs. 2 NotViKoV-E ein neuer Absatz 3 eingefügt wird. Die Absätze 3 bis 5 werden die Absätze 4 bis 6. Der neue Absatz 3 könnte wie folgt gefasst werden:

„Für die Dauer der Amtsbefugnis nach § 44 Abs. 1 BNotO soll die vertretene Amtsperson der Notarvertretung den Zugriff auf die Vorgänge einräumen, die die vertretene Amtsperson erstellt hat oder mit denen sie auf Veranlassung eines Nutzers befasst ist. Wird der Zugriff nicht durch die vertretene Amtsperson eingeräumt, so ist sie durch die Notarkammer einzuräumen.“

IV. Anregung einer Anpassung der Vorgaben für Zugriffserteilung für Nutzer

Es wird ferner angeregt, in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 des Referentenentwurfs die Regelung unter Buchstabe b) zu streichen. Für sie besteht neben der Regelung unter Buchstabe c) kein Anwendungsbereich. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. b) NotViKoV-E hat die Bundesnotarkammer sicherzustellen, dass Nutzer Zugriff auf einen Vorgang haben, dessen Erstellung durch eine Amtsperson sie veranlasst haben. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. c) NotViKoV-E ordnet dasselbe für Nutzer an, denen der Zugriff eingeräumt worden ist.

Veranlasst ein Nutzer die Erstellung eines Vorgangs durch eine Amtsperson, so wird ihm notarseitig – wie den übrigen Nutzern, die die Erstellung nicht veranlasst haben – durch einen Einladungslink der Zugriff auf den Vorgang eingeräumt. Der Modus der Zugriffeinräumung ist damit identisch, sodass eine Differenzierung auf rechtlicher Ebene nicht angezeigt ist.

In der Folge der angeregten Streichung würde aus § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. c) NotViKoV-E der neue Buchstabe b). Im § 5 Abs. 2 Satz 2 NotViKoV-E müsste dementsprechend „Buchstabe c)“ durch „Buchstabe b)“ ersetzt werden.

G. Hohes Niveau des Datenschutzes und der Datensicherheit

Der Referentenentwurf enthält detaillierte Vorschriften zu den Datenverarbeitungsvorgängen, die im Rahmen der Vorbereitung, der Durchführung und des Vollzugs notarieller Urkundsgeschäfte mittels Videokommunikation notwendig sind.

Wie in der Präsenzwelt muss es rechtsuchenden Bürgerinnen und Bürgern auch in einem notariellen Online-Verfahren möglich sein, ihr Anliegen in eigenen Worten zu schildern und Informationen zu übermitteln, die für die notarielle Prüfung relevant sind oder relevant sein können. Bürgerinnen und Bürger haben hierbei eine Wahlmöglichkeit, welche Kommunikationswege sie für den Informationsaustausch mit der Notarin oder dem Notar nutzen möchten. Sie können sich herkömmlicher Kommunikationswege (Telefon, E-Mail etc.) bedienen oder die spezifischen Kommunikationskanäle (Chat-Funktion, Dokumenten-Upload-Funktion etc.) nutzen, die das Videokommunikationssystem der Bundesnotarkammer ergänzend zur Verfügung stellt. Da dies mit diversen Datenverarbeitungsvorgängen verbunden ist, sieht der Referentenentwurf hierfür spezielle Rechtsgrundlagen vor. Dies versetzt die Bundesnotarkammer in die Lage, die mit dem Betrieb des Videokommunikationssystems für die notariellen Online-Verfahren verbundenen Datenverarbeitungsvorgänge auf einer rechtssicheren Grundlage durchzuführen. Auch dies ist aus unserer Sicht sehr zu begrüßen.

H. Redaktioneller Hinweis

Wir regen an, in § 5 Abs. 4 Nr. 1 NotViKoV-E „Absatz 1 Satz 2“ in „Absatz 2 Satz 2“ zu ändern. § 5 Abs. 1 NotViKoV-E verfügt über keinen zweiten Satz. Die in § 5 Abs. 4 Nr. 1 NotViKoV-E in Bezug genommene Befugnis zur Zugriffseinräumung ist hingegen in § 5 Abs. 2 Satz 2 NotViKoV-E geregelt. Es dürfte sich daher um ein redaktionelles Versehen handeln.

I. Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es sich bei dem NotViKoV-E um ein technisches Regelwerk handelt, das die mit dem DiRUG eingeführten Vorschriften über das notarielle Online-Verfahren sachgerecht konkretisiert. Aus fachlicher Perspektive ist der NotViKoV-E sehr gelungen, da er das bereits entwickelte Videokommunikationssystem der Bundesnotarkammer rechtlich absichert und zugleich weitgehend lösungsneutral formuliert ist, sodass künftige Weiterentwicklungen und Innovationen auf dieser Grundlage zulässig sind. Kleinere Verbesserungsmöglichkeiten bestehen aus Sicht der Bundesnotarkammer bei einzelnen Vorschriften über das Rollen- und Zugangsmanagement für das Videokommunikationssystem.




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