Stellungnahme vom 03.07.2020

Referentenentwurf eines Gesetzes zur Mobilisierung von Bauland

Für die Übersendung des Referentenentwurfes des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat für ein Gesetz zur Mobilisierung von Bauland (Baulandmobilisierungsgesetz) danken wir Ihnen und nehmen die Gelegenheit zur Stellungnahme gerne wahr. Wir werden uns dabei jedoch auf die Bereiche mit unmittelbarem Bezug zu notariellen Tätigkeiten beschränken und uns daher ausschließlich zur geplanten Regelung des § 250 Baugesetzbuch sowie zur geplanten Verlängerung der Ausübungsfrist gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 Baugesetzbuch (nachfolgend „BauGB-E“) für das gemeindliche Vorkaufsrecht nach den §§ 24 ff. BauGB äußern.

Nach § 250 BauGB-E soll bei bereits bestehenden Wohngebäuden die Begründung oder Teilung von Wohnungs- oder Teileigentum der Genehmigung bedürfen, sofern die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist und diese Gebiete durch die Landesregierungen bestimmt sind.

Nach einleitenden allgemeinen Erwägungen (unter A.) werden wir die Regelung des § 250 BauGB-E im Detail näher untersuchen und dabei insbesondere deren Auswirkungen auf die notarielle Praxis darstellen (unter B). Schließlich werden wir mit Ausführungen zum zu erwartenden Erfüllungsaufwand in Bezug auf § 250 BauGB-E (unter C.) sowie einigen Überlegungen zur Ausübungsfrist für das gemeindliche Vorkaufsrecht nach den §§ 24 ff. BauGB (unter D.) enden.

Im Einzelnen:

A. Allgemeine Erwägungen

Der mit der Regelung des § 250 BauGB-E verfolgte Zweck, ein ausreichendes Angebot an bezahlbaren Mietwohnungen zu erhalten,[1] ist nachvollziehbar. Dies kann dazu beitragen, dass ein Leben im städtischen Raum für breite Teile der Bevölkerung erschwinglich bleibt. Gemessen an den Maßstäben der Eigentumsgarantie des Artikels 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) bestehen jedoch gewisse Zweifel an der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der angedachten Regelung, weil die Schaffung von Wohnungen in Bestandsgebäuden in Ballungsgebieten für den Eigentümer auf Grundlage einer gesetzlichen Norm mit einer Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegriffen erheblich erschwert wird.

Dreh- und Angelpunkt ist die dem Referentenentwurf zugrundeliegende Hypothese, dass die Begründung der Verkehrsfähigkeit einzelner Wohneinheiten dafür sorge, dass es zu einer Verdrängung von Mietern zugunsten von selbstnutzenden Eigentümern komme. Der Referentenentwurf geht insoweit von einer „Verdrängungsgefahr“ aus.[2] Der vom vorliegenden Gesetzesentwurf gewählte Regelungsansatz zur Eindämmung dieser Gefahr dürfte jedoch zu weitgehend sein, indem er (in Ergänzung zu den bereits nach geltender Rechtslage zur Verfügung stehenden bauplanungsrechtlichen Mitteln einer Fremdenverkehrsatzung gemäß § 22 BauGB sowie einer Erhaltungs- bzw. Milieuschutzsatzung nach § 172 BauGB[3]) einen sehr umfassenden Genehmigungsvorbehalt für die in den Absätzen 1 und 6 beschriebenen Sachverhalte vorsieht. Aus Sicht der notariellen Praxis sind die (Rück-)Ausnahmen in § 250 Abs. 3 BauGB-E, bei deren Vorliegen ein gebundener Anspruch auf Genehmigung bestehen soll, jedoch unzureichend, weil sie eine Vielzahl von alltäglichen und im Hinblick auf den gesetzlichen Schutzzweck unproblematischen Gestaltungen einem Genehmigungsvorbehalt unterwirft (mit im Rahmen des § 250 Abs. 4 BauGB-E letztlich offenem Verfahrensausgang).

Gleichzeitig möchten wir zu bedenken geben, dass der durch § 250 BauGB-E verfolgte Zweck, ein hinreichendes Angebot an bezahlbarem Wohnraum zu erhalten, mit dem von der Bundesregierung ebenfalls mit Nachdruck verfolgten Ziel, selbstgenutztes Wohneigentum zu fördern, in Ausgleich zu bringen ist. Eine vor allem in Ballungsräumen zu erwartende restriktive Genehmigungspraxis auf Grundlage des neuen § 250 BauGB dürfte dazu führen, dass das Angebot an bezahlbaren Eigentumswohnungen noch weiter verknappt würde und in der Folge weitere Preissteigerungen zu befürchten wären.

B. Regelungsinhalte des § 250 BauGB-E im Einzelnen

I. Genehmigungserfordernis nach § 250 Abs. 1 und 6 BauBG-E

Der Referentenentwurf bewirkt in der Fallkonstellation des § 250 Abs. 1 BauGB-E, dass zum Vollzug einer Teilungserklärung im Grundbuch in Gebieten mit einem angespannten Mietwohnungsmarkt die Genehmigung der zuständigen Behörde erforderlich ist, wenn es sich um die Teilung eines bestehenden Wohngebäudes handelt. Ob die bisherige Wohnnutzung durch Mieter oder durch (Mit-)Eigentümer erfolgt, soll dabei unerheblich sein. Die Landesregierungen werden ermächtigt, die betroffenen Gebiete durch Rechtsverordnungen jeweils zu bestimmen. Nach dem Entwurf soll die Zuständigkeit für die Genehmigungserteilung bei der Gemeinde liegen.

Das Genehmigungserfordernis gilt zum einen für den Vollzug von Teilungserklärungen (Fall des § 250 Abs. 1 BauGB-E). Es gilt jedoch darüber hinaus auch für die Begründung von Miteigentum nach § 1008 BGB unter Ausgestaltung einer Nutzungsregelung nach § 1010 BGB, in deren Rahmen bestimmte Räume einem oder mehreren Miteigentümern zur ausschließlichen Benutzung zugewiesen werden und in deren Rahmen der Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft ausgeschlossen wird (Fall des § 250 Abs. 6 Nr. 2 BauGB-E). Gleiches gilt bei einer Regelung nach § 1010 BGB bei einer bereits bestehenden Miteigentümergemeinschaft (Fall des § 250 Abs. 6 Nr. 3 BauGB-E). Darüber hinaus gilt das Genehmigungserfordernis auch für den grundbuchlichen Vollzug von Wohnungserbbaurechten und Teilerbbaurechten i. S. v. § 30 WEG und für Dauerwohnrechte und Dauernutzungsrechte i. S. v. § 31 WEG (Fall des § 250 Abs. 6 Nr. 1 BauGB- E).

Neben der erstmaligen Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum sind wohl auch solche Änderungen von Teilungserklärungen bei Bestandsgebäuden vom Genehmigungserfordernis betroffen, die eine erneute Teilung bewirken. Dafür spricht, dass § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB-E insoweit von der „Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum“ spricht.

Diese Regelung hat zur Folge, dass eine Vielzahl in der Praxis regelmäßig vorkommender Rechtsvorgänge, die keinen notwendigen Bezug zur Verringerung von bezahlbarem Mietraum haben, unter ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt gestellt werden. Bereits dies begegnet grundsätzlichen Bedenken.

Darüber hinaus sorgt der Regelungsvorschlag durch die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe für Rechtsunsicherheit der von der Regelung betroffenen Bürgerinnen und Bürger. So bestimmt § 250 Abs. 4 BauGB-E, dass eine Genehmigung von der Gemeinde nur versagt werden darf, wenn dies für die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen erforderlich ist. Hierbei handelt es sich um eine Aneinanderreihung mehrerer unbestimmter Rechtsbegriffe, die zur Folge haben könnte, dass vergleichbare Lebenssachverhalte in verschiedenen Kommunen unterschiedlich behandelt werden und in der Folge verwaltungs- und möglicherweise sogar verfassungsrechtliche Streitigkeiten entstehen.

II. Gebundener Anspruch auf Genehmigung nach § 250 Abs. 3 BauGB-E

Im Grundsatz ist zwar zu begrüßen, dass in § 250 Abs. 3 BauGB-E für bestimmte Fälle ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung vorgesehen ist. Die Regelung ist jedoch aus mehreren Gründen unzureichend, weil sie einerseits bestimmte legitime Fälle nicht umfasst und andererseits für den Fall, der besonders den Interessen der Mieter dienen soll (§ 250 Abs. 3 Nr. 3 BauGB-E), keine praxistaugliche Umsetzung ermöglicht.

Ein Anspruch auf Genehmigungserteilung soll danach in den nachfolgenden Fällen bestehen:

1. Das Grundstück gehört zu einem Nachlass und das Wohnungs- oder Teileigentum soll zugunsten von Miterben oder Vermächtnisnehmern begründet werden (§ 250 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB-E).

Insofern erscheint jedoch unklar, ob Ansprüche von Miterben oder Vermächtnisnehmern bezüglich aller zu begründenden Wohnungs- und Teileigentumseinheiten bestehen müssen und damit eine vollständige Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft bezüglich des aufzuteilenden Objekts erforderlich ist oder ob es ausreicht, dass sich die Erbengemeinschaft einvernehmlich nur teilweise auseinandersetzt, indem sie eine Aufteilung vornimmt und lediglich einzelne Einheiten einvernehmlich einzelnen Miterben oder Vermächtnisnehmern übertragen werden. Insoweit sollte zumindest eine Klarstellung in der Gesetzesbegründung, besser jedoch im Wortlaut des Gesetzes erfolgen.

2. Die Teilung erfolgt deshalb, weil [alle?] geschaffenen Einheiten zur eigenen Nutzung an Familienangehörige veräußert werden sollen (§ 250 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2).

Der Begriff „Familienangehörige“ des Eigentümers sollte näher definiert werden. Der Begriff findet sich wortgleich in § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 BauGB, wohingegen in § 135 Abs. 4 Satz 2 BauGB die Formulierung „Familienangehörige im Sinne des § 15 der Abgabenordnung“ verwendet wird. Es wird daher angeregt, eine klarstellende Bezugnahme auf § 15 Abgabenordnung vorzusehen, soweit diese Bezugnahme gesetzgeberisch gewünscht ist.

Es ist darüber hinaus darauf hinzuweisen, dass die vorgelegte Regelung Folgen im Hinblick auf die innerfamiliäre Nachfolgeplanung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge haben kann. Der Tatbestand stellt auf eine „Veräußerung“ ab. Insoweit ist unklar, ob darunter nur entgeltliche oder auch unentgeltliche Erwerbstatbestände zu fassen sein sollen. Die Begründung spricht – in der Sache absolut zutreffend – auf S. 29 von einem „besonderen Interesse des Eigentümers, seinen Angehörigen Wohnungseigentum zur eigenen Nutzung zu verschaffen.“ Es sollte daher zumindest in der Gesetzesbegründung deutlicher zum Ausdruck kommen, dass der Entgeltlichkeit im Rahmen des § 250 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB-E keine Bedeutung zukommt und auch unentgeltliche Überlassungen an Angehörige tatbestandlich erfasst sind.

Näherer Betrachtung verdient aus unserer Sicht auch der Fall, dass die erwerbenden Personen (üblicherweise die Kinder) nicht selbst in das aufzuteilende Objekt einziehen möchten, sondern weiterhin eine Mietnutzung in dem aufzuteilenden Objekt geplant ist. Warum es nicht auch in diesem Fall einen gebundenen Anspruch auf Genehmigungserteilung geben soll, ist nicht nachvollziehbar, da auch künftig eine Mietnutzung geplant ist und damit keinerlei Verdrängungseffekte und Gefahren für den Mietwohnungsmarkt zu befürchten sind.

Wegen der dadurch ausgelösten Unsicherheiten bezüglich der Genehmigungserteilung könnten sich Eltern, die eigentlich eine bewusste Nachfolgeplanung zu Lebzeiten vornehmen möchten, in diesen Fällen dazu veranlasst sehen, auf testamentarische Verfügungen auszuweichen, die es den Kindern im Rahmen der Nachlassaufteilung nach dem Tod der Eltern ermöglichen, eine WEG-Teilung im Rahmen von § 250 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB-E vorzunehmen.

Häufig bestehen aber gute Gründe dafür, dass die Elterngeneration schon zu Lebzeiten eine Vermögensübertragung vornimmt, etwa weil sie sich aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr um die Abwicklung von Mietverhältnissen kümmern kann. Auch im Hinblick auf die Nutzung von schenkungssteuerlichen Freibeträgen und eine insoweit sinnvolle und optimierte Nachlassplanung erscheint es wenig interessengerecht, die Elterngeneration durch ein Genehmigungserfordernis mit ungewissem Ausgang von lebzeitigen Gestaltungen abzuhalten.

3. Die Teilung erfolgt, um eine Veräußerung an mindestens zwei Drittel der Mieter zu ermöglichen (§ 250 Abs. 3 Nr. 3 BauGB-E).

In den genannten Fällen der Nummern 1 bis 3 dürfte die Genehmigung nach § 250 Abs. 3 Satz 2 BauGB erst dann erteilt werden, wenn alle Voraussetzungen für die beabsichtigte Rechtsänderung unwiderruflich erfüllt sind. Satz 2 nimmt „Absatz 6 Satz 1“ in Bezug, es ist aber davon auszugehen, dass richtigerweise Absatz 3 Satz 1 gemeint ist. Dies unterstellt, würde Satz 2 insbesondere im Fall des § 250 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB-E zu schwerwiegenden Konsequenzen führen. Erforderlich für einen Antrag auf Erteilung der Genehmigung wäre demnach, dass sowohl die Teilungserklärung beurkundet wurde als auch zwei Drittel der Mieter notarielle Kaufverträge abgeschlossen haben.

Eine solche Regelung führte zu erheblichen Rechtsunsicherheiten. Aus notarieller Sicht bestünde das Risiko, dass eine Vielzahl von Teilungserklärungen und Kaufverträgen im Vollzug „hängen bleiben“; d. h., dass sie nicht bis zu Ende abgewickelt werden können, weil die erforderliche Genehmigung erst erteilt werden darf, wenn tatsächlich die erforderliche Zahl von Kaufverträgen mit Mietern beurkundet worden ist. Dies kann – gerade bei größeren Mietwohnungsobjekten – nicht nur erhebliche Zeit dauern, vielmehr drohte den kaufwilligen Mietern insbesondere dann erheblicher finanzieller Schaden, wenn die Zahl der erforderlichen Mieter-Käufer letztlich knapp verfehlt wird, sei es, weil von vornherein nicht genügend Mieter-Käufer gefunden werden können, sei es, weil nachträglich bereits beurkundete Kauverträge aufgehoben und ggf. rückabgewickelt werden.

Aufgrund der vom Entwurf geforderten „Unwiderruflichkeit“ hinsichtlich der für die beabsichtigte Rechtsänderung erforderlichen Voraussetzungen müsste der Notar als Vertragsgestalter davon absehen, mit den sonst üblichen gestalterischen Mitteln für den Fall des vorbeschriebenen „Steckenbleiben“ des gesamten Projekts Vorsorge zu betreiben. So lange die Schwelle von zwei Dritteln der vorhandenen Einheiten nicht erreicht ist, wären die Kaufvertragsparteien vorbehaltlich des Eingreifens gesetzlicher Gestaltungsrechte theoretisch infinit an den geschlossenen Kaufvertrag gebunden und könnten sich von diesem allenfalls erst dann lösen, wenn endgültig feststünde, dass sich das Gesamtprojekt nicht wie geplant wird umsetzen lassen. Da bis zum Vorliegen einer entsprechenden Sachlage theoretisch Jahre vergehen können, erscheint dies vor allem für den (gegebenenfalls letztlich verhinderten) Käufer nicht zumutbar.

In der Praxis müsste also zunächst die Teilungserklärung beurkundet werden, eine Beurkundung der einzelnen Kaufverträge vor Beurkundung der Teilungserklärung erscheint hingegen aus Sicht des notariellen Vertragsgestalters von vornherein nicht praktikabel und sinnvoll. Schon für die Beurkundung der Teilungserklärung entstehen Notarkosten. Diese fallen bereits mit der Entwurfserstellung bzw. Beurkundung an. Wird die Genehmigung zur Teilung dann nicht erteilt, sind Kosten und organisatorischer Aufwand für den aufteilenden Eigentümer vergeblich entstanden. Gleiches gilt in Bezug auf die ebenfalls nicht zu vernachlässigenden Grundbuchkosten, da es nach der versagten Genehmigung wohl zu einer kostenpflichtigen Zurückweisung des Vollzugs der Teilungserklärung im Grundbuch kommen würde.

Außerdem hätten die ersten (ggf. nahezu) zwei Drittel der Käufer in dieser Konstellation das wirtschaftliche Risiko, dass sie bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages nicht sicher wissen, ob sich ihr Eigentumserwerb realisieren lässt. Denn die ersten zwei Drittel der Käufer können nicht sicher wissen, ob sich die 2/3-Schwelle insgesamt erreichen lässt. Gleichwohl wird von ihnen verlangt, einen bindenden notariellen Kaufvertrag zu schließen. Sie tragen also – bei der üblichen Kostenverteilungsregelung – die Kosten des notariellen Kaufvertrages, ohne zu wissen, ob der Erwerb der Wohnung letztlich gelingt, denn ihr Kaufobjekt muss durch Vollzug der Teilungserklärung im Grundbuch erst einmal „geschaffen“ werden. Selbst wenn der Notar als vorausschauender Vertragsgestalter für den Fall des Scheiterns des Gesamtvorhabens eine Kostentragungspflicht des Verkäufers vorsähe, wären die Käufer zumindest gezwungen, zunächst in Vorleistung zu gehen und sich im Falle des Scheiterns mit ungewissem Ausgang beim Verkäufer schadlos zu halten. Zudem erscheint es auch aus Sicht des Eigentümers keineswegs selbstverständlich und zumutbar, dass er am Ende die Kosten des gescheiterten Gesamtprojektes zu tragen hat, besser wäre, die Entstehung derartiger Kosten von vornherein zu vermeiden.

Zudem erscheint es durchaus zweifelhaft, ob Banken in dieser unsicheren Situation eine Finanzierung für den Käufer bereitstellen würden. Würde aber eine Finanzierung bereitgestellt und scheiterte der Kauf, würde vielfach ein Bedürfnis des (gescheiterten) Käufers bestehen, sich von seiner bereits eingegangenen Darlehensverpflichtung wieder zu lösen. Verlangt die finanzierende Bank hier eine Vorfälligkeitsentschädigung, so wird das Unterfangen für die bisherigen Mieter – die das Gesetz gerade schützen möchte – zum finanziellen Unglücksfall. Im günstigsten Fall sind lediglich Bereitstellungszinsen aufgelaufen, im Übrigen drohen noch größere finanzielle Schäden.

Das mit der Regelung bezweckte (nachvollziehbare) Ziel, nämlich ein unlauteres Erschleichen einer Genehmigung durch einen Bauträger/Aufteiler zu verhindern, der in der Folge durch den Abverkauf der Wohnungs- und Teileigentumseinheiten Fakten schaffen könnte, sollte auf anderem Weg erreicht werden. Es kommt schließlich in dieser Konstellation darauf an, dass sich der Eigentümer zumindest für einen gewissen Zeitraum verpflichtet, nur an Mieter zu verkaufen und nicht die Mieter mit dem Risiko von gescheiterten Verträgen zu belasten. Insoweit erscheint eine Orientierung an der Siebenjahresfrist des § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 BauGB durchaus naheliegend.

4. Das Gesetz enthält darüber hinaus auch Genehmigungserteilungspflichten für den Fall, dass die Versagung der Genehmigung „auch unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls“ „nicht zumutbar“ ist (§ 250 Abs. 3 Nr. 4 BauGB-E).

Welche Fälle hiervon erfasst werden sollen, erscheint allerdings vollkommen offen und sollte zumindest in der Gesetzesbegründung näher beschrieben werden, um Rechtsunsicherheit und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

5. Außerdem soll ein Anspruch auf Genehmigungserteilung gegeben sein, wenn ohne die Genehmigung Ansprüche Dritter auf Übertragung von Wohnungs- oder Teileigentum nicht erfüllt werden können, zu deren Sicherung vor dem Wirksamwerden des Genehmigungsvorbehalts eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen ist (§ 250 Abs. 3 Nr. 5 BauGB-E).

In Anknüpfung an die Überlegungen zu § 250 Abs. 3 Nr. 2 BauGB-E sollte auch insoweit berücksichtigt werden, dass gerade im Rahmen innerfamiliärer Übergabeverträge im Wege der vorweggenommenen Erbfolge die Eintragung einer Vormerkung unterbleibt, da sie aus vertragsgestalterischer Sicht überflüssig ist und nur unnötige (Grundbuch-)Kosten verursacht. Es könnte daher erwogen werden, für derartige Fälle ein alternatives Anknüpfungsmoment im Gesetz zu verankern (etwa den Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Überlassungsvertrages), so könnte den Beteiligten die durch die Eintragung einer Vormerkung erforderlichen Mehrkosten erspart werden.

III. Regelungen zum Grundbuchverfahren in § 250 Abs. 5 BauGB-E

Der Referentenentwurf verlangt gemäß § 250 Abs. 5 BauGB-E, dass das Grundbuchamt die Eintragungen in das Grundbuch nur vornehmen darf, wenn der Genehmigungsbescheid beim Grundbuchamt eingegangen ist. Ist dennoch eine Eintragung in das Grundbuch vorgenommen worden, kann die für die Genehmigung zuständige Stelle das Grundbuchamt um die Eintragung eines Widerspruchs ersuchen.

Ein solcher Mechanismus erscheint unter dem Blickwinkel der Rechtssicherheit jedenfalls dann bedenklich, wenn im Falle des Verkaufs für den Erwerber bereits eine Vormerkung eingetragen wurde oder das Eigentum sogar bereits auf ihn umgeschrieben wurde. Das Gesetz zeigt keinerlei Lösung dafür auf, wie mit derartigen Fällen in der Praxis umzugehen wäre. Unproblematisch wäre insoweit nur der Fall, dass die für die Genehmigung zuständige Behörde den bzw. die betreffenden Kaufverträge i. S. d. § 250 Abs. 5 Satz 3 BauGE-E nachträglich genehmigt. Verweigert die zuständige Behörde hingegen ihre Zustimmung endgültig, würde eine Rückabwicklung der betreffenden Kaufverträge erforderlich, die für die (verhinderten) Käufer Risiken mit sich brächten, die der Notar als vorausschauender Vertragsgestalter gerade verhindern soll.

Wurde etwa im obigen Beispiel die Teilungserklärung vollzogen und Vormerkungen zugunsten der „Mieter-Käufer“ eingetragen oder gar das Eigentum auf diese bereits umgeschrieben, würde durch eine gegebenenfalls erforderliche Rückabwicklung des gesamten Kaufvertrages das Insolvenzrisiko des Verkäufers auf den Erwerber abgewälzt, der in diesen Fällen vielfach schon (Teil-)Zahlungen an den Verkäufer geleistet haben wird, dies erscheint unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten bedenklich. Falls das Grundbuchamt genehmigungslos und damit an sich rechtswidrig eine Eintragung im Grundbuch zu Gunsten des/der Erwerber(s) vornimmt, könnte es aus den vorbeschriebenen Gründen vorzugswürdig erscheinen, diese dennoch Bestand haben und die erforderliche Genehmigung bezüglich des gesamten Vorhabens damit als erteilt gelten zu lassen. Ansonsten bliebe dem bzw. den (verhinderten) Käufer(n) nur, Amts-/Staatshaftungsansprüche geltend zu machen, was weiteren Aufwand und weitere Belastungen für den/die Beteiligten wie auch die staatlichen Gerichte mit sich brächte. Insoweit ist auch zu bedenken, dass die derzeit vorgesehene Lösung gegebenenfalls einer Rückkoppelung mit dem Sachenrecht bedürfte. Es erscheint unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung zumindest nicht ausgeschlossen, dass die Erwerber in der vorliegenden Situation in den Genuss der Rechtswirkungen des § 892 BGB kommen, gerade in diesem Fall erschiene es noch bedenklicher, ihnen die gutgläubig erworbene Rechtsposition wieder zu nehmen.

Die vorbeschriebenen Bedenken werden nicht dadurch zerstreut, dass sich in § 22 Abs. 6 BauGB eine ähnliche Regelung findet, die in der Fachliteratur im Übrigen mit guten Gründen kritisch gesehen wird.[4] Unter Berücksichtigung der vorstehenden Überlegungen erschiene es gegebenenfalls angezeigt, auch die Parallelregelung in § 22     Abs. 6 BauGB entsprechend anzupassen.

IV. Verhältnis der Genehmigungserfordernisse nach §§ 22, 172 ff. BauGB und § 250 BauGB-E

Geklärt werden sollte ferner auch das Verhältnis der verschiedenen Genehmigungserfordernisse nach §§ 22, 172 ff. BauGB und § 250 BauGB-E zueinander. Bedarf es bei kumulativem Vorliegen deren tatbestandlicher Voraussetzungen gegebenenfalls mehrerer paralleler Genehmigungen oder besteht insoweit ein Vorrangverhältnis?

C. Angaben zum Erfüllungsaufwand

Die Regelung in § 250 BauGB-E wird in den Ausführungen zum Erfüllungsaufwand nicht erwähnt. Insbesondere werden insoweit die möglicherweise vergeblichen (erheblichen) Aufwendungen der Bürgerinnen und Bürger nicht berücksichtigt. Es wäre jedoch zu erwarten, dass es in einer Vielzahl von Fällen zu solchen käme.

D. Frist des § 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB-E

Gemäß Ziffer 11 des Referentenentwurfs soll die Ausübungsfrist des gemeindlichen Vorkaufsrechts – abweichend von der im Zivilrecht bewährten Regelfrist von zwei Monaten (vgl. § 469 Abs. 2 BGB) von zwei auf drei Monate verlängert werden. Eine nähere Begründung, weshalb die Verlängerung der Ausübungsfrist angezeigt erscheint, gibt der Entwurf nicht, vielmehr wird allein auf die Empfehlung der Baulandkommission Bezug genommen, die ihrerseits aber ebenfalls eine Begründung schuldig bleibt.

Wenngleich das Vorkaufsrecht nach §§ 24 ff. BauGB in der Praxis nur sehr selten gegeben ist und auch im Falle des grundsätzlichen Bestehens nur denkbar selten ausgeübt wird, hat es doch auf die notarielle Kaufvertragsgestaltung und -abwicklung erhebliche Auswirkungen. Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB darf die Eigentumsumschreibung nur unter Vorlage einer Negativbescheinigung erfolgen, deren Vorliegen wird daher regelmäßig zur Fälligkeitsvoraussetzung bezüglich des Kaufpreises gemacht. In der Praxis kommt es durchaus häufiger vor, dass die anderen Kaufpreisfälligkeitsvoraussetzungen binnen weniger Tage oder Wochen geschaffen werden können, die Negativbescheinigung bezüglich des Vorkaufsrechts aber selbst in Fällen seines Nichtbestehens länger auf sich warten lässt. Bei Rückfragen wird dann seitens der Kommune teilweise explizit auf die gesetzliche Zweimonatsfrist verwiesen.

Abgesehen davon, dass bei der Abwicklung von Immobilienkaufverträgen jede zeitliche Verzögerung misslich ist und nicht unerhebliche wirtschaftliche Nachteile hervorrufen kann, würde die vom Gesetzesentwurf nun vorgeschlagene Verlängerung der Ausübungsfrist auf drei Monate in vielen Fällen sogar noch zu einer weiteren Verzögerung der Kaufvertragsabwicklung führen, ohne dass dafür ein rechtfertigender Grund ersichtlich wäre. Aus Sicht der Bundesnotarkammer sollte es daher bei der Ausübungsfrist von zwei Monaten verbleiben. Man könnte weitergehend eventuell sogar über eine weitere Effektivierung des Verfahrens und eine Verkürzung der Ausübungsfrist in unproblematischen Fällen, in denen ein Vorkaufsrecht erkennbar nicht besteht, nachdenken.

 

[1] Vgl. S. 16 Ziff. 5. RefE.

[2] Wie vor.

[3] Vgl. dazu § 172 Abs. 1 Satz 4, Abs. 4 BauGB.

[4] Vgl. Grziwotz in Spannowsky/Uechtritz, BeckOK BauGB, , 49. Edition, § 22 Rn. 20.




< zurück
XS
SM
MD
LG