Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2024
Zusammenfassung:
Der vorliegende Referentenentwurf enthält gesetzgeberische Anpassungen in verschiedenen Bereichen des Steuerrechts. Die Stellungnahme der Bundesnotarkammer beschränkt sich auf einzelne darin enthaltene Regelungen, aus denen sich Auswirkungen auf die notarielle Praxis ergeben.
Die in § 6 Abs. 1 Satz 2 FKAustG-E vorgesehene Vorschlag, im Rahmen des Finanzkonten-Informationsaustauschgesetzes die Erhebung der deutschen „Steueridentifikationsnummer“ entfallen zu lassen, ist zu begrüßen. Um bestehende Hindernisse bei der Gründung von Unternehmen rechtssicher abzubauen, regen wir an, auch das entsprechende BMF-Schreiben[1] zeitnah anzupassen (A.). Mit Blick auf die in § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UStG k. F. erstmals ab dem 1. Januar 2027 vorgesehen Verpflichtung, für Leistungen an Unternehmer eine elektronische Rechnung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 3 UStG k. F. auszustellen, regen wir an, in der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung eine Ausnahme vorzusehen für Rechnungen, denen eine notarielle Kostenrechnung nach § 19 Abs. 1 GNotKG zugrunde liegt. Dies trägt dem durch die notarielle Verschwiegenheitspflicht besonders geschützten Vertrauensverhältnis zwischen Notarinnen und Notaren und den Urkundsbeteiligten Rechnung und vermeidet unnötige Bürokratie (B.).
Im Einzelnen:
A. Beseitigung von Gründungshemmnissen durch Anpassung des § 6 FKAustG
Bevor neu gegründete GmbH und UG (haftungsbeschränkt) ihre Geschäftstätigkeit aufnehmen können, müssen Sie anschließend an die Beurkundung der Gründung eine Vielzahl von Antrags-, Mitteilungs- und Anzeigepflichten gegenüber unterschiedlichen Stellen erfüllen. Damit die Gesellschaft über ihr Geschäftskonto verfügen kann, sieht § 16 FKAustG beispielsweise die Abgabe einer vollständigen Selbstauskunft vor.
Das „BMF-Schreiben betreffend den Standard für den automatischen Austausch von Finanzinformationen in Steuersachen; Anwendungsfragen im Zusammenhang mit einem gemeinsamen Meldestandard sowie dem FATCA-Abkommen“ geht momentan anknüpfend an § 6 FKAustG davon aus, dass die vollständige Selbstauskunft einer neu gegründeten juristischen Person auch die Angabe der Steuernummer der juristischen Person enthalten muss.[2] Dies kann in der Praxis zu erheblichen Verzögerungen bei der Gründung von GmbH und UG (haftungsbeschränkt) führen. Zum einen kann die Erteilung einer Steuernummer erhebliche Zeit in Anspruch nehmen, während der die Gesellschaft nicht über das Geschäftskonto verfügen kann. Zum anderen setzt die Entstehung der GmbH gem. § 11 Abs. 1 GmbH ihre Eintragung ins Handelsregister voraus. Die Anmeldung zum Handelsregister darf wiederum erst erfolgen, wenn ein Viertel des Stammkapitals eingezahlt worden ist.[3] Die Erteilung einer Steuernummer, die nach dem BMF-Schreiben für die Erteilung einer vollständigen Selbstauskunft bzgl. des Geschäftskontos benötigt wird, setzt wiederum die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister voraus.[4] Die Angabe der Steuernummer im Rahmen der Selbstauskunft nach § 16 FKAustG kann daher neu gegründete juristische Personen in der Praxis vor Schwierigkeiten stellen, wodurch sich die Aufnahme der Geschäftstätigkeit verzögern kann.
§ 6 Abs. 1 Satz 2 FKAustG-E sieht nun vor, dass die Pflicht der Finanzinstitute zur Erhebung der deutschen „Steueridentifikationsnummer“ entfällt. Hierdurch dürfte sich auch der maßgebliche Inhalt der von neu gegründeten Gesellschaften abzugebenden Selbstauskunft verringern. Um die momentan für neu gegründete GmbH und UG (haftungsbeschränkt) bei der Abgabe der Selbstauskunft bestehenden Schwierigkeiten rechtsicher zu beseitigen, sollte auch das maßgebliche BMF-Schreiben zeitnah angepasst werden.
B. Anpassung der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung in Bezug auf § 14 Abs. 2 UStG k. F.
Für den Geschäftsverkehr zwischen umsatzsteuerlichen Unternehmerinnen und Unternehmern sieht § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UStG k. F. die Pflicht vor, Rechnungen zukünftig grundsätzlich in einer besonderen elektronischen Form auszustellen. Das bedeutet, dass die Rechnung „in einem strukturierten elektronischen Format“ zu erstellen (§ 14 Abs. 1 Satz 3 UStG k. F.) und deren Echtheit und Unversehrtheit durch qualifizierte elektronische Signatur (qeS) oder ein anderes zulässiges Verfahren zu gewährleisten ist (§ 14 Abs. 3 Satz 6 UStG k. F.). Durch eine automatisierte Auswertung der strukturierten Datensätze im Rahmen eines bundesweiten Meldesystems soll hierdurch perspektivisch Umsatzsteuerbetrug bekämpft werden können.[5]
Das Ziel, umsatzsteuerliche Vorgänge für die Finanzverwaltung transparent zu machen und Umsatzsteuerbetrug zu bekämpfen, ist uneingeschränkt zu begrüßen. Mit Blick auf die von Notarinnen und Notaren ausgestellten Rechnungen, denen eine notarielle Kostenberechnung im Sinne des § 19 GNotKG zugrunde liegt, ist allerdings zu beachten, dass diese aufgrund der notariellen Verschwiegenheitspflicht nicht ohne Weiteres zum Gegenstand automatisierter Auswertungen gemacht werden können (I.). Entsprechend ist es auch nicht erforderlich, für diese Rechnungen die besondere elektronische Form im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 3 UStG k F. vorzuschreiben. Aufgrund der Stellung der Notarinnen und Notare als öffentliche Amtsträger und einer engmaschigen staatlichen Kontrolle der nach gesetzlichen Vorgaben erstellten notariellen Kostenberechnungen wird das Risiko von Umsatzsteuerbetrug bereits zusätzlich begegnet (II.).
I. Notarielle Verschwiegenheitspflicht steht automatisierter Auswertung entgegen
Die verpflichtende Abgabe von Rechnungen in der in § 14 Abs. 1 Satz 3 UStG k. F. vorgesehenen besonderen elektronischen Form verfolgt unter anderem das Ziel, diese zukünftig für eine automatisierte Auswertung durch die Finanzverwaltung nutzbar zu machen.[6] Von Notaren ausgestellte Rechnungen, denen eine notarielle Kostenberechnung im Sinne des § 19 GNotKG zugrunde liegt, enthalten Angaben, die von der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht der Notarinnen und Notare erfasst werden.
Eine künftige Einführung der automatisierten Auswertung der nach § 14 Abs. 2 UStG k. F. erstellten elektronischen Rechnungsdaten durch die Finanzverwaltung müsste entsprechende Ausnahmen für Rechnungsdaten enthalten, die dieser gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterfallen. Andernfalls bestünde die erhebliche Gefahr, dass das gesetzlich geschützte Vertrauensverhältnis zwischen den rechtsuchenden Bürgerinnen und Bürgern und den rechtsberatenden Berufsgeheimnisträgern wie etwa Notarinnen und Notaren nachhaltig gestört würde, weil die Finanzverwaltung künftig Einblick in jede Beurkundung und Beglaubigung hätte. Eine pauschale automatisierte Auswertung aller von Notarinnen und Notaren ausgestellten Rechnungen käme rechtlich daher nicht in Frage.
Entsprechend ist es auch nicht erforderlich, für diese Rechnungen die besondere elektronische Form im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 3 UStG k F. vorzuschreiben. Im Übrigen sieht das notarielle Berufsrecht in § 19 Abs. 1 Satz 1 GNotKG bereits seit dem 1. August 2022 die Möglichkeit vor, elektronische Rechnungen auszustellen.
II. Besondere Schutzvorkehrungen gegen Umsatzsteuerbetrug
Anders als im privatwirtschaftlichen B2B-Bereich bestehen bei von Notarinnen und Notaren ausgestellten Rechnungen bereits besondere gesetzliche Schutzvorkehrungen gegen Umsatzsteuerbetrug.
Notarinnen und Notare sind öffentliche Amtsträger und durch verschiedene steuerrechtliche Anzeigepflichten selbst in den Schutz des staatlichen Steueraufkommens eingebunden. Darüber hinaus unterliegen sie einer regelmäßigen und engmaschigen Kontrolle durch die Justizverwaltung als Aufsichtsbehörde. Die alle vier Jahre stattfindende Notarprüfung erstreckt sich insbesondere auch auf die Kostenrechnung und den Kosteneinzug, § 18 Abs. 4 DONot.
III. Mögliche Lösung durch Anpassung der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung
Vor diesem Hintergrund regen wir an, Rechnungen, die von Notarinnen und Notaren auf der Grundlage von notariellen Kostenberechnungen im Sinne des § 19 GNotKG erstellt werden, entsprechend § 14 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 UStG in der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung vom Anwendungsbereich des 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 HS. 2 UStG k. F. auszunehmen.
[1] Schreiben betr. Standard für den automatischen Austausch von Finanzinformationen in Steuersachen; Anwendungsfragen im Zusammenhang mit einem gemeinsamen Meldestandard sowie dem FATCA-Abkommen vom 1. Februar 2017, BStBl. I S. 305, geändert durch BMF vom 21. September 2018 (BStBl. I S. 1026) und BMF vom 15. Juni 2022 (BStBl. I S. 963).
[2] Rn. 230 des Schreibens betr. Standard für den automatischen Austausch von Finanzinformationen in Steuersachen; Anwendungsfragen im Zusammenhang mit einem gemeinsamen Meldestandard sowie dem FATCA-Abkommen vom 1. Februar 2017, BStBl. I S. 305, geändert durch BMF vom 21. September 2018 (BStBl. I S. 1026) und BMF vom 15. Juni 2022 (BStBl. I S. 963).
[3] Nach § 7 Abs. 2 GmbHG muss insgesamt die Hälfte des Mindeststammkapitals aufgebracht und auf jeden Geschäftsanteil mindestens ein Viertel des Nennbetrags geleistet worden sein.
[4] Vgl. BT-Drs .19/30470, 44.
[5] BT-Drs. 20/8628, 204.
[6] BT-Drs. 20/8628, 204.
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- Stellungnahme vom 24. Mai 2024 101 KB