Die Europäische Integration im Lichte des Gesellschaftsrechts und der Digitalisierung

Gemeinsam mit Prof. Dr. Jan Lieder richtete die Bundesnotarkammer am 8. Juni 2022 im Freiburger Paulussaal eine Tagung zum Thema „Die europäische Integration im Lichte des Gesellschaftsrechts und der Digitalisierung“ aus. Der Einladung waren neben Studierenden auch Notarinnen und Notare sowie weitere internationale und nationale Gäste aus Praxis und Wissenschaft gefolgt.


Nach einem Stehempfang wurde in einem ersten Teil der Veranstaltung über die Folgen der Digitalisierung für die europäische Integration und das europäische Gesellschaftsrecht diskutiert. Der Präsident der Bundesnotarkammer, Herr Prof. Dr. Jens Bormann, erläuterte einleitend den Zusammenhang zwischen dem Rechtsstaatsprinzip und der europäischen Integration. Er betonte die Bedeutung rechtsstaatlicher Prinzipien auch und gerade im Zeitalter der Digitalisierung. Im Rahmen seiner digitalen Souveränität dürfe der Staat wichtige staatliche Funktionen nicht allein privaten Akteuren überlassen.

Der Co-Organisator, Herr Prof. Dr. Lieder von der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg beschrieb den Entwicklungsbeitrag des Gesellschaftsrechts für die europäische Integration.

Dabei ordnete er das Company Law Package von 2019 in den Zusammenhang der Grundfreiheiten ein und betonte, dass der europäische Gesetzgeber große Rücksicht auf nationale Rechtstraditionen, namentlich durch die Einbindung des Notars in das Online-Gründungsverfahren, genommen habe.

Anschließend gab Frau Dr. Knöfel von der Generaldirektion für Justiz und Verbraucher aus Sicht der Europäischen Kommission einen spannenden Ausblick auf die Zukunft des europäischen Gesellschaftsrechts. Sie stellte insbesondere die Initiative „Upgrading Digital Company Law“ vor, den die Europäische Kommission Anfang des Jahres gestartet hatte.

Außerdem sprachen die Notare Álvaro Lucini Mateo aus Madrid und Prof. Dr. Corrado Malberti aus Como zu den Anforderungen der Rechtssicherheit im Bereich des europäischen Gesellschaftsrechts und gewährten interessante Einblicke in die Praxis.

Im zweiten politisch-historischen Teil der Tagung diskutierten Herr Dr. Andreas Schwab, Mitglied des Europäischen Parlaments, und Herr Prof. Dr. Sir Christopher Clark von der University of Cambridge über die Parallelen der heutigen Zeit der digitalen Transformation zum 19. Jahrhundert. Ausgangspunkt des Dialogs bildeten das Gesetz über Digitale Märkte, für das Herr Dr. Schwab Berichterstatter für das Europäische Parlament ist, und das Gesetz über digitale Dienste, das häufig auch als „Digitales Grundgesetz“ bezeichnet wird. Sir Clark verglich diese grundlegenden Neuregelungen für den Digitalen Raum mit der Zeit ab 1848, die ebenfalls als Zeitalter der Konstitutionalisierung bezeichnet wird. Auf die aktuelle politische Lage bezogen sprach Sir Clark von dem Beginn einer neuen Epoche und verwies dazu auf die Parallelen der Revolutionen von 1848. Herr Dr. Schwab stimmte insoweit überein, als er angesichts des Kriegs in der Ukraine von einer neuen Kartierung Europas sprach. Abschließend waren sich beide einig, dass die jungen Menschen trotz der aktuellen Herausforderungen gute Perspektiven auf dem europäischen Kontinent hätten.

 

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