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Die deutsche CNUE-Präsidentschaft 2023

Der Rat der Notariate der Europäischen Union (CNUE) ist die europäische Dachorganisation der nationalen Vertretungen des Notariats in Europa. Er repräsentiert die Notariate aus 22 EU-Mitgliedsländern und entwickelt gemeinsame Positionen, die er gegenüber den europäischen Institutionen vertritt. Damit ist der CNUE maßgebender Interessenvertreter für die insgesamt 50.000 Notarinnen und Notare in der Europäischen Union.

Im Jahr 2023 hatte Deutschland die Präsidentschaft des CNUE inne. Diese übernahm Dr. Peter Stelmaszczyk, Notar in Burscheid und ehemaliger Geschäftsführer des Brüsseler Büros der Bundesnotarkammer. Die deutsche Präsidentschaft erfolgte in enger Abstimmung mit der lettischen Notarkammer, der das turnusmäßige Vorschlagsrecht oblag. Dies zeigt die enge Verbundenheit und Freundschaft der beiden Notariate.

Als Jahr vor den Europawahlen war 2023 von der intensiven Arbeit an vielen wichtigen politischen Dossiers geprägt. Entsprechend hatte Notar Dr. Peter Stelmaszczyk den Kampf gegen Geldwäsche, die Digitalisierung des Gesellschaftsrechts, den Schutz vulnerabler Erwachsener und den Wiederaufbau des Notariats in der Ukraine zu den Prioritäten seiner Amtszeit erklärt. Daneben markierte 2023 das Jahr des 30-jährigen Bestehens des CNUE, welches mit einem Festakt in Brüssel unter Teilnahme von Vertreterinnen und Vertretern der Europäischen Institutionen sowie der Mitgliedsnotariate begangen wurde.

Kampf gegen die Geldwäsche

Notarielle berufsständische Vertretungen wie die Bundesnotarkammer und der CNUE betonen stets die Bedeutung und Wichtigkeit effektiver Geldwäschebekämpfung sowie den Beitrag, den Notarinnen und Notare in diesem Zusammenhang leisten können. Gleichzeitig ist die Befolgung eines risikobasierten Ansatzes Grundvoraussetzung für eine zielgerichtete und erfolgreiche Bekämpfung der Finanzkriminalität, da nur so ein bestmöglicher und effizienter Einsatz von Ressourcen sichergestellt werden kann. Aus diesem Grund hat sich das Europäische Notariat im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens immer wieder für eine Implementierung eines praxisgerechten risikobasierten Ansatzes ausgesprochen und eingesetzt.

Um im Hinblick auf die Neuerungen durch das EU-Geldwäschepaket, insbesondere das Single-Rulebook, eine stete Aus- und Weiterbildung von Notarinnen und Notaren in diesem Bereich zu gewährleisten, hat die Europäische Kommission im vergangenen Jahr Fördermittel bewilligt, welche verwendet werden sollen, um die bestehende CNUE e-Learning Plattform in Bezug auf geldwäscherechtliche Vorschriften zu erweitern.

Digitalisierung des Gesellschaftsrechts

Im März 2023 veröffentlichte die Kommission ihren Vorschlag für eine Ausweitung und Optimierung des Einsatzes digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht, die sog. Digitalisierungsrichtlinie 2.0. Aufbauend auf der ersten Digitalisierungsrichtlinie, die die Einführung der notariellen Online-Verfahren brachte, hat dieses Gesetzesvorhaben zum Ziel, die grenzüberschreitende Nutzung bestimmter Registerdaten zu vereinfachen. Ihre Kernelemente sind die Schaffung einer EU-Gesellschaftsbescheinigung und einer digitalen EU-Vollmacht. Als Voraussetzung für die grenzüberschreitende Verwendung von Registerdaten sieht der Europäische Gesetzgeber eine öffentliche Präventivkontrolle durch Gerichte, Behörden oder Notare im Ursprungsmitgliedstaat vor.

Um dieses für Notarinnen und Notare wichtige Gesetzgebungsvorhaben näher zu beleuchten, veranstaltete der CNUE im September 2023 eine Konferenz zum Thema „Digitalisierung und Gesellschaftsrecht“ in Brüssel. Dort diskutierten unter anderem Ralf Sauer, stellvertretender Leiter des Referats Gesellschaftsrecht bei der Europäischen Kommission, und Frau Maria-Manuel Leitão-Marques, Mitglied des Europäischen Parlaments und Schattenberichterstatterin der S&D-Fraktion für den Richtlinienvorschlag, das neue Gesetzesvorhaben. Die Chancen und Herausforderung der Digitalisierung im Allgemeinen wurden in einem sich daran anschließenden Panel mit Herrn Andreas Schwab, Mitglied des Europäischen Parlaments und EVP-Koordinator des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, Notar Prof. Dr. Jens Bormann, Präsident der Bundesnotarkammer, Frau Simona Constantin, stellvertretende Kabinettschefin der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission Věra Jourová, und Experten aus der Praxis erörtert.

Schutz vulnerabler Erwachsener

Im Hinblick auf den Schutz vulnerabler Erwachsener veröffentlichte die Kommission im Mai ihr Gesetzgebungspaket bestehend aus einem Verordnungsvorschlag und einem Beschlussvorschlag des Rates. Dieses war anlässlich des Europäischen Tages der Justiz am 25. Oktober 2023 Gegenstand der Erwachsenenschutzkonferenz, die der CNUE gemeinsam mit dem griechischen MdEP Stelios Kympouropoulos im Europäischen Parlament veranstaltete. Internationale Expertinnen und Experten sowie Repräsentanten der Europäischen Institutionen berichteten, dass es derzeit noch keinen EU-einheitlichen Rechtsrahmen über die Zuständigkeiten von Gerichten, das anwendbare Recht und die Anerkennung von Entscheidungen betreffend die persönlichen und finanziellen Angelegenheiten unterstützungsbedürftiger Erwachsener in grenzüberschreitenden Sachverhalten gäbe. Eine einheitliche Regelung würde einen entscheidenden Schritt für ein barrierefreieres und inklusiveres Europa bedeuten.

Wiederaufbau des Notariats in der Ukraine

Bereits kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 sicherte der CNUE seinen ukrainischen Kolleginnen und Kollegen Unterstützung zu, indem die Ukraine als Beobachtermitglied des CNUE aufgenommen wurde und unter anderem ein Handbuch und Informationsblätter zum ukrainischen Recht entwickelt wurden. Hierauf aufbauend setzte Notar Dr. Peter Stelmaszczyk die Arbeit des CNUE 2023 in diesem Zusammenhang fort: Im Austausch mit Vertretern der Europäischen Institutionen diskutierte er die vielfältigen Unterstützungsmöglichkeiten durch Notarinnen und Notare. Dies zum einen mit Blick auf das angedachte „Claims Register“, in welchem die vom Krieg verursachten Schäden eingetragen werden sollen, um spätere Reparationsforderungen belegen zu können. Zum anderen aber auch mit Blick auf die Aufrechterhaltung bzw. den Wiederaufbau der Rechtsstaatlichkeit, insbesondere auch im Hinblick auf die Sicherstellung einer funktionierenden vorsorgenden Rechtspflege. Diese Themen wurden unter anderem zusammen mit MdEP Michael Gahler, Berichterstatter des Europäischen Parlaments für die Ukraine-Fazilität, im Rahmen der Feierlichkeiten anlässlich des 30-jährigen Bestehens des CNUEs thematisiert.

30 Jahre CNUE

Aber nicht nur die politischen Ereignisse prägten die deutsche CNUE-Präsidentschaft des vergangenen Jahres. Auch feierte der CNUE sein 30-jähriges Bestehen, das Anlass dazu gab, die Meilensteine der vergangenen Jahrzehnte Revue passieren zu lassen. So wurde beispielsweise im Jahr 2005 das Europäische Netzwerk der Testamentsregistervereinigung gegründet, welches das Auffinden letztwilliger Verfügungen erleichtert, und zwei Jahre später das Europäische Netzwerk des Notariats (ENN) geschaffen, mit welchem Notarinnen und Notare sich über Grenzen hinweg zu rechtlichen Fragestellungen austauschen können. Aber der Blick wurde nicht nur auf die Vergangenheit, sondern auch in die Zukunft gerichtet. Mit der Generaldirektorin der Generaldirektion für Justiz und Verbraucher, Ana Gallego Torres, wurden unter anderem die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung besprochen

Prof. Dr. Jens Bormann, Christopher Burns, MdEP Michael Gahler (v.l.n.r.) / Foto: K-pture photography, Dorian Lohse und Grégory De Leeuw
Dr. Peter Stelmaszczyk, Dr. Ralf Sauer, Dr. Corrado Malberti, Dr. Sebastian Sick, Amanda Cohen Benchetrit, Maria Manuel Leitão Marques (v.l.n.r.) / Foto: Louis David
Dr. Peter Stelmaszczyk, MdEP Stelios Kympouropoulos,Georgios Rouskas, Eftychia Karastathi (v.l.n.r.) / Fotos: K-pture photography, Dorian Lohse und Grégory De Leeuw
Prof. Dr. Jens Bormann, Christopher Burns, MdEP Michael Gahler (v.l.n.r.) / Foto: K-pture photography, Dorian Lohse und Grégory De Leeuw
Ana Gallego Torres, Generaldirektorin der Generaldirektion für Justiz und Verbraucher / Foto: K-pture photography, Dorian Lohse und Grégory De Leeuw
Monika Pickard, Referentin Bundesnotarkammer Büro Brüssel

Über die Autorin

Monika Pickard ist Notarassessorin im Bezirk der Notarkammer Koblenz und als Referentin im Brüsseler Büro der Bundesnotarkammer tätig.

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